Ein Zeichen der Hoffnung

Freude über die Freilassung der Geiseln/ US-Position bleibt jedoch unverändert  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Angesichts des drohenden Golfkriegs befinden sich der Irak und die USA nun im heftigen diplomatischen Schlagabtausch. Mit der überraschenden Ankündigung einer bedingungslosen Freilassung aller ausländischen Geiseln im Irak versucht Saddam Hussein in den USA die Position derjenigen zu stärken, die zu mehr Geduld und größerer Verhandlungsbereitschaft mahnen.

Mit ihrer angeblichen Bereitschaft, nach einer Lösung des Konflikts um Kuwait einer internationalen Nahost-Konferenz zuzustimmen, wollen die USA im Gegenzug verhindern, daß sich Saddam Hussein nach seinem möglichen Rückzug aus Kuwait als Held der Palästinenser aufspielen kann, der für sie die lange gewünschte Friedenskonferenz erstritten hat. Einem solchen Forum, so könnten die USA dann argumentieren, haben wir schon vor der Lösung des Kuwait-Konfliktes zugestimmt.

Regierungssprecher Fitzwater, gerade mit Bush auf dessen Südamerikareise in Chile eingetroffen, nannte Saddams Versprechen vorsichtig ein „Zeichen der Hoffnung“. An der formalen US-Position, wie sie auch in der jüngsten UN-Resolution zum Golfkonflikt verankert ist, wird Saddam Husseins Offerte allerdings nichts ändern. Auch nach der Freilassung der Geiseln wird die Bush-Administration auf einem vollständigen Rückzug der irakischen Truppen aus Kuwait sowie der Wiedereinsetzung der kuwaitischen Regierung bestehen.

Die jetzt gezeigte Bereitschaft der USA, nach einer friedliche Beendigung des Golfkonfliktes einer internationalen Nahost-Konferenz zuzustimmen, läßt aber durchaus erkennen, daß die Bush-Administration trotz ihrer harten Gangart in Sachen Kuwait, in der Palästinenserfrage zumindest offener ist, als die Reagan-Administration.

Die gegenwärtig in Washington geführte Debatte, über Pro und Contra einer militärischen Lösung am Golf, über die Erfolgsaussichten von Sanktionen und die Verringerung der militärischen Schlagkraft des Iraks nach einer friedlichen Lösung des Golfkonflikts wird durch die neuen diplomatischen Offerten beider Seiten noch verschärft.

Das Weiße Haus hat dabei große Angst, daß die grassierende Anti- Kriegsstimmung durch die Freilassung der Geiseln noch verstärkt wird. Nach der heftigen Kritik von Ex-Politikern und Ex-Generälen an der Verdopplung der Truppenstärke werden die Fernsehbilder von der glücklichen Heimkehr der Geiseln zur Vorweihnachtszeit die Bereitschaft der US-Öffentlichkeit zum Krieg allein für das Öl und die Emire noch weiter abnehmen.

Auf einer Sitzung des konservativen „American Enterprise Institut“ am Mittwoch gaben führende Falken und Mitglieder der pro-israelischen Lobby wie Richard Perle und Ex- UNO-Botschafterin Jeanne Kirkpatrick ihrer Sorge Ausdruck, Tarik Asis könne seinen Washington-Besuch am 17. Dezember auch noch zu einem Besuch des Kongresses nutzen und damit Kampfbereitschaft und Einigkeit der USA weiter untergraben. Entsetzen herrscht in diesen Kreisen auch über die Vorstellung, daß Saddam den Golfkonflikt ohne Einschränkung seiner konventionellen, chemischen und atomaren Schlagkraft überstehen könnte. Damit rückt auch in den USA wieder die Frage ins Blickfeld, wie denn Israel auf einen Deal der USA und ihrer Alliierten mit Saddam reagieren wird. Ob Israels Ministerpräsident Schamir Präsident Bush darüber bei seinem anstehenden Washington-Besuch vollständige Auskunft geben wird, ist die große Frage.