Mitterrand als Ghettoblaster?

■ Sonderprogramm für Banlieue-Sanierung

Paris (taz) — Einen Sonderminister, einen Unterpräfekten für jedes Departement und drei Milliarden Francs für die notdürftigste Sanierung der etwa 400 Neubaughettos seines Landes — Fran¿ois Mitterrand kündigte ein Hilfsprogramm für die Banlieues an, jene „Bannmeilen“, die sich in den sechziger Jahren um die größeren Städte Frankreichs gelegt haben. Auf einem Kolloquium der Stiftung „Banlieue 89“ setzte sich der Präsident am Dienstag eine Frist von fünf Jahren, um in Kooperation mit den Gemeinden öffentliche Dienste, Transportwesen und Beschäftigung in den vor allem von Immigranten bewohnten Siedlungen zu verbessern. Mit ihren „Volksbetonblöcken“ sind die Banlieues ein Gebiet, in dem mit Regelmäßigkeit die Ghetto- und Jugendrevolten ausbrechen. Frankreichs Grüne und die Lobby „SOS-Racisme“ haben die Sanierung der Vorstädte in diesem Jahr zum Schwerpunkt ihrer Aktionen gemacht. Christian Delorme, legendärer Ghettopriester aus Lyon, äußert sich skeptisch gegenüber den präsidialen Projekten: „Geld ist schön und gut. Aber es ändert nichts daran, daß die Banlieue-Jugendlichen keinerlei politische Vertretung haben, keine Parteien, Vereine, Gewerkschaften. So kann es jederzeit, in jeder Form zur Explosion kommen.“ smo