Heute über Babelsberg

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Eine winterliche Landpartie nach Babelsberg ist jedem zu empfehlen, der den hektischen Berliner Großstadtstreß zwischen Weihnachtsmärkten und überfüllten Läden satt hat. Wer darüber hinaus nicht nur an Landschaft, sondern an Kultur interessiert ist, sollte sich an Kultur-Kontor wenden. Der Veranstalter will Interessierten mit fachkundiger Reiseleitung ein Stück Kunst- und Kulturlandschaft zwischen Potsdam und Berlin näherbringen.

Schon im Bus, der sich von Norden her Potsdam nähert, geht's urpreußisch zu. Weniger durch den Charme der Mitreisenden oder des Busfahrers — die Hintergrundmusik macht's: Militärmärsche, die mit Texten wie Berliner Pflanze oder Im Grunewald, im Grunewald... zu Gassenhauer-Popularität gelangten. Die Landpartie beginnt in der ehemaligen DDR-Enklave Kleinglienicke und führt zum Sommersitz des Prinzen Wilhelm, inmitten einer von Lenné und Fürst Pückler gestalteten Parkanlage. Nun ist diese etwas hügelige Landschaft sicherlich auch für schlichte Spaziergänger interessant, doch allemal interessanter wird der Spaziergang durch Geschichten zur Geschichte: Vom militärisch gedrillten Kulturbanausen Wilhelm und seiner ambitionierten, liberalen englandfreundlichen Gattin, die — nicht unbedingt zum Vorteil — beim Entwurf des teilweise von Schinkel errichteten Schlosses mit dem eigenwilligen Stil kräftig mitmischte; von der Blut-und-Eisen- Politik Bismarcks, der hier zum Ministerpräsident ernannt wurde, und von der Sehnsucht des Hofes nach der alten Zeit, die sich in historischen Sammlerstücken des Prinzen niederschlägt. Nicht nur der neugotische Stil der Bauten ist eine Referenz ans Mittelalter, sondern auch die im Park aufgestellte Gerichtslaube vom mittelalterlichen Berliner Rathaus oder die gotische Säule vom Kölner Dom. Die anläßlich des Sieges von Preußen errichtete Siegessäule oder der Flatow-Turm, eine Nachbildung des Eschenheimer Tors in Frankfurt, geben Aufschlüsse über Preußens Glanz und Gloria.

Ein Stück preußische Kulturgeschichte, zu dem winterliche Temperaturen und karge Natur ganz gut passen. Ausgekühlt vom winterlichen Spaziergang, kann sich der Kulturreisende dann im Bus an Wilhelms Lieblingoper aufwärmen und sich bei der Rückfahrt ins höfisch-militärische Leben hineinträumen. Unter genauer Anleitung natürlich. Edith Kresta

Kultur-Kontor,

Savignyplatz 9-10,

1 Berlin 12,

Tel.: 030/310888