Die Doping-Depesche

■ Kampf um die Reinheit des befleckten Sports geht weiter

Berlin (adn/dpa/taz) — Der frühere Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Eberhard Munzert, beschuldigt das von seinem Nachfolger Helmut Meyer angeführte Präsidium in einem Beitrag der 'Stuttgarter Zeitung‘, Doping mitgetragen zu haben und fordert die Funktionäre zum Rücktritt auf. Sie seien schuldiger als die Athleten, schreibt Munzert und wirft Präsident Meyer vor, für einen Olympiasieg den Einsatz von „Pille und Spritze“ einkalkuliert zu haben. Sportwart Steinbach wird außerdem beschuldigt, an Jugendlichen die Wirkung von Anabolika getestet zu haben.

Der Leichtathletik-Verband selbst veröffentlichte seinen Antidopingkatalog mit neuen, weitreichenden Forderungen. So werden alle Trainer darauf hingewiesen, daß Dopingvergehen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen verbunden sind. Die Nominierung von Kader-Athleten wird mit einer Verpflichtung zu Trainingskontrollen verbunden. Normen für internationale Meisterschaften und Finalvorgaben als Qualifikationskriterien sollten vom Nationalen Olympischen Komitee, der Deutschen Sporthilfe und dem Bundesausschuß für Leistungssport (BAL) überdacht werden. Der BAL forderte auf einer Pressekonferenz zwar, Dopingkontrollen im Training auszuweiten, reagierte aber nicht auf die an ihn gerichteten Forderungen der Leichtathleten. Ein Zwölfpunkteprogramm soll helfen, Dopingmanipulationen in Zukunft auszuschließen. Der BAL will eine Vorreiterrolle im Kampf gegen Doping einehmen und nicht auf internationale Lösungsvorschläge warten. Dabei wird er durch den Beirat der Athleten unterstützt. Der Aktivensprecher des Deutschen Sportbundes, der Ruderer Volker Grabow, begrüßte diese Antidopingbeschlüsse, forderte aber auch, daß sie auf die internationale Ebene ausgedehnt werden. Er sagte: „Ich bin für Kontrollen. Es muß aber auch eine Chancengleichheit gewahrt bleiben.“

Das erhofft sich auch ein Sportler, der den Dopingentzug inzwischen erfolgreich hinter sich gebracht haben will. Der kanadische Sprinter Ben Johnson hofft, daß die Untersuchung der Dopingvorwürfe gegen deutsche Athleten ein Schritt zur Säuberung des Amateursports ist. Der 26jährige zeigte sich überrascht über das Tempo der derzeitigen Enthüllungen im deutschen Sport. „Ich war auf gewisse Weise geschockt. Ich dachte nicht, daß es so schnell gehen würde.“ Das haben ganz andere auch nicht erwartet. bo