■ RADIODAYS
: Montag/ Dienstag/ Mittwoch

Sie hatte schon immer ein gewisses, geheimnisvolles Flair, das nicht nur in Kinder des Olymp zum Ausdruck kommt. Da spielte Maria Casares die stille, unglückliche verliebte Konkurrentin der temperamentvollen Arletty. Scheinbar war auch die Arbeit beim Film ein unergiebiger Flirt, denn heute versprüht die gebürtige Spanierin ihre Aura vor allem auf der Bühne. Dabei wirkte sie vor allem auf Paul Claudel und Jean Genet so anziehend, daß sie sich daran machten, ihrer stillen „Diva“ Rollen auf den Leib zu schreiben. Doch Albert Camus, der große Existenzialist, habe sie am stärksten geprägt — meint die Casares. Anne Bauer hat sich aufgemacht, um für den NDR 4 ein Porträt der alten Dame zu fertigen. Im Gespräch mit der Schauspielerin werden ab10.05 Uhr ihre wichtigsten Lebensstationen abgeschritten.

Abends wartet dann der WDR 4 um 19.30 Uhr in seinen Radiogeschichten für kleine Leute mit neuen Pia- Geschichten auf. Pia, das ist die Kleine mit den verständlichen Hobbies: Essen und Reisen. Um so schlimmer also, daß sie in diesem Jahr gänzlich auf die „weite Welt“ verzichten mußte, denn die Eltern konnten nicht weg. Als Rettung flattert eines Tages ein Brief in Pias Kasten. Ein alter Freund wünscht sich Gesellschaft auf dem Bauernhof. Da sitzt Pia zwei Tage später gestiefelt und gespornt im Auto auf dem Weg zur Farm. Dort trifft sie ein rothaariges Mädchen und stellt mit ihr die Bude auf den Kopf.

Da der allerseits geehrte Dramatiker Heiner Müller mit Marx-Zitaten noch äußerst verschwenderisch umgeht, wollen wir den in Ungnade gefallenen Philosophen auch vor unseren Karren spannen: Als „den vornehmsten Heiligen und Märtyrer im philosophischen Kalender“ lobte er die Figur des Prometheus. Und um diesen Wohltäter der Menschheit dreht sich das Abendstudio des hr 2, der um 21 Uhr dem Mythos der Einheit nachspüren möchte. Dieser Gedanke taucht, so der Autor, nicht erst mit dem Ruf nach „Arbeiter aller Länder, vereinigt euch!“ auf, sondern durchzieht die gesamte Geistesgeschichte. Auch Wagner und Nietzsche wußten die Mythen zu schätzen, in denen die Menschheit noch nicht durch Krieg und Streit „entzweit“ war. Und Prometheus, der glücklose Vermittler zwischen den Göttern und der Menschheit wurde zur Strafe (er hatte den Menschen das Feuer gebracht) von den „Kollegen“ an einen Felsen gekettet.

Vor einem posthumen Mordversuch an Wolfgang warnt anschließendJoachim Kaiser im BR 2. Ab 22.20 Uhr wird er in einem „vorsorglichen Resümee“ auf das kommenden Mozart-Jahr 1991 blicken. Dann jährt sich der Tod des großen Meisters zum 200.Mal und sorgenvoll fragt sich der Autor: „Wie kann man die Figur Mozart und seine Musik, in der sich seine Zeit darstellt, vor der nun einsetzenden Trivialisierung retten.“ Herr Kaiser befürchtet nämlich, wohl zu recht, daß eine Lawine von Publikationen zu Ehren Mozarts den Markt überschwemmen wird.

Jetzt ist es endgültig — scheinbar — vollbracht: Gesamtdeutschland hat gewählt und der neue „Großstaat“ ist kein Provisorium mehr. Nur die ewig Kritischen sind skeptisch und mäkeln an der Entwicklung herum. Ganz deutlich zeigen das die literarischen Texte, die während des letzten Jahres in der Ex-DDR entstanden. Der WDR 3 hat einige Schriftsteller zum Gespräch ins Studio geladen und läßt sie über ihre Rolle in der neuen Gesellschaft diskutieren. Wen's interessiert, der kann ab 21 Uhr dabei sein.

Fast könnte man es als Warnung auffassen, daß der NDR 3 Max Frischs Radiofassung des Theaterstücks Biedermann und die Brandstifter gegen die Verblendung des „braven Mannes“ um 21.30 Uhr auf den Spielplan setzt.

Wer sowieso schon klar sieht, hört vielleicht lieber dem heiseren Antihelden Tom Waits zu. Der singt ebenfalls um21.30 Uhr beim SWF 2.GeHa