Terminstreit um Golfgespräche

■ Washington und Bagdad uneinig über Daten der Reisen von Baker und Asis/ Saudi-Arabien und Kuwait dementieren Geheimverhandlungen mit Irak/ Irak verschiebt angeblich Grenze nach Süden

Berlin (dpa/ap/taz) — Saudi-Arabien und die kuwaitische Exilregierung haben britische Zeitungsberichte dementiert, sie führten Geheimverhandlungen mit Bagdad über die Beilegung der irakisch-kuwaitischen Grenzstreitigkeiten. In anderen Meldungen war am Wochenende davon die Rede, daß der Irak in Kuwait bereits mit dem Bau einer nach Süden verschobenen Grenze begonnen habe.

Zwischen den USA und dem Irak ist ein Streit entbrannt über die Gesprächstermine von US-Außenminister James Baker in Bagdad und seines irakischen Amtskollegen Tarik Asis in Washington. Am Sonntag wurden weitere Geiseln aus dem Irak ausgeflogen oder zum Flughafen nach Bagdad gebracht. In mehreren Städten der USA demonstrierten erneut Tausende US-BürgerInnen gegen die Politik Washingtons in der Golfkrise. Die wegen Einwände Washingtons am Samstag erneut unterbrochene Sitzung des UN-Sicherheitsrates zur Verabschiedung einer Resolution über eine internationale Nahost-Konferenz wird heute wiederaufgenommen.

Wie schon zuvor die amtliche saudi-arabische Nachrichtenagentur bezeichnete gestern ein hoher Regierungsbeamter in Dhahran Berichte der britischen Zeitung ,The Independent on Sunday‘ als „Unsinn“, wonach Riad und die kuwaitische Exilregierung Geheimgespräche mit Bagdad über die Beilegung der Grenzstreitigkeiten führe. Die Zeitung hatte unter Berufung auf „arabische Exilkreise“ in Europa und den USA gemeldet, in diesen Gesprächen solle Saddam Hussein signalisiert werden, er könne bei einem Abzug seiner Truppen aus Kuwait unter anderem mit der 99jährigen Verpachtung der beiden Inseln Bibijan und Warba an den Irak rechnen. Der Botschafter Kuwaits in London, Ghiaz al Rayes, dementierte die Berichte ebenfalls.

Laut einer Meldung der britischen Sonntagszeitung 'Observer‘ hat der Irak bereits damit begonnen, Befestigungen für eine neue Staatsgrenze im Norden Kuwaits zu errichten, die auch den südlichen Teil des Ölfeldes Rumailah umfaßt. Die meisten arabischen Regierungen erwarten, „daß der Irak bis Ende Januar seine Truppen aus dem restlichen Kuwait abzieht“, zitierte der 'Observer‘ arabische Quellen in Washington.

Der Irak hat vorgeschlagen, daß Außenminister Asis am 17. Dezember Washington und sein Amtskollege Baker am 12. Januar Bagdad besucht. Das wäre drei Tage vor Ablauf des vom UN-Sicherheitsrat gesetzten Ultimatums für den Rückzug der irakischen Truppen aus Kuwait. Die US-Regierung hat dem Irak hingegen den 20., 21. und 22. Dezember sowie den 3. Januar als mögliche Termine für die Baker-Reise genannt. Der 12. Januar sei „zu spät“, erklärte Präsident Bushs Sicherheitsberater Scowcroft. Beide Seiten bestehen nun darauf, daß zunächst das Datum für die Reise des eigenen Außenministers festgelegt wird.

Eine Boing 747 der irakischen Fluggesellschaft ist am Sonntag mit fast allen 179 bisher im Irak festgehaltenen Italienern nach Rom abgeflogen. Drei Italiener blieben freiwillig im Irak. An Bord der Maschine befand sich auch eine unbekannte Zahl anderer Ausländer. Rund 100 US-Amerikaner wurden am Sonntag von einem Hotel in Bagdad zum Flughafen gefahren, wo ein irakischer Jumbo-Jet bereitstand, um sie nach Frankfurt auszufliegen. Ein zweites Flugzeug sollte nach Berichten der US-Fernsehgesellschaft CNN zugleich Amerikaner, die sich bislang in Kuwait versteckt gehalten hatten, nach Bagdad bringen. Nach Angaben der US-Botschaft in Bagdad sollte versucht werden, noch bis gestern abend sämtliche 750 im Irak und in Kuwait befindlichen US- Amerikaner auszufliegen. Auch die verbliebenen US-Diplomaten sollten ausreisen.

Mehrere tausend Menschen haben am Samstag in Chicago unter dem Slogan „Kein Blut für Öl!“ gegen einen möglichen militärischen Einsatz der in der Golfregion stationierten US-Truppen demonstriert. Ähnliche, jedoch kleinere Demonstrationen fanden in Washington, Milwaukee, Columbus (Ohio) und Cambridge (Massachusetts) statt. Die 'Washington Post‘ berichtete am Wochenende aus Saudi-Arabien über wachsende Zweifel der dort stationierten GIs an der „Operation Wüstenschild“. Andreas Zumach