Hessens CDU mäßig kampfeslustig

Frankfurt/Main (taz) — Einzig Bundespostminister Schwarz-Schilling lief zu leidenschaftlicher Hochform auf beim 77. Landesparteitag der hessischen CDU am Samstag in Frankfurt. Er verteidigte die „Vielfalt der Medien“, zählte Kabelkilometer zusammen, als ginge es darum, zu verhindern, daß künftig rot-grüne Bündnisse Farbfernseher und Eigenheim bedrohen. Ministerpräsident Walter Wallmann dagegen machte sich in seiner relativ kurzen Rede nicht einmal die Mühe, den SPD-Gegenkandidaten Hans Eichel namentlich zu erwähnen. Er nannte den Mann schlicht „den Kadidaten aus Kassel“. Rot-Grün sei, beschied Wallmann 32 Tage vor der Landtagswahl, nicht nur „ein auslaufendes, sondern ein erledigtes Modell“. Dennoch mahnte er die Delegierten, sich auch nach der erfolgreichen Bundestagswahl an das Hessenergebnis von 1987 zu erinnern: „Unser Stimmenvorsprung war hauchdünn.“

Bis zum frühen Nachmittag hatten dann die 436 Delegierten ihre Wahlplattform „Hessen 2000“ mitsamt 79 Änderungsanträgen abgestimmt. Das ging vor allem bei dem Komplex „Frauen, Familie und Kinder“ so flott und einvernehmlich wie es das neue Wahlplakat signalisierte: „Frohes Hessen!“ mit Weihnachtsbaum, Lichtern und Kindern. Wallmann drängte selbst zur Eile. Das sahen dann auch die Frauen ein, die sich zu den Themen Gentechnologie und Embryonenhandel zu Wort gemeldet hatten. Sie faßten sich kurz.

Das neue CDU-Programm sieht ein Ministerium für Frauen, Familien und Kinder vor. Seine Schwerpunkte setzt es allerdings auf die Förderung der Wirtschaft, auf industriellen Fortschritt, den es gemeinsam mit einer „zunehmend umweltbewußteren Industrie“ erreichen will — von Biomüll bis Lärmschutzwall, und auf Wohnungs- und Straßenbau. Umweltminister Weimar stellte sich zum Beispiel für Frankfurt ein „sternförmiges Straßennetz“ vor, auf dem die Pendler schneller zu ihren Arbeitsplätzen in der Großstadt gelangen könnten. Insgesamt zeichnet sich das Programm durch verhaltene Töne aus und mahnt in etlichen Bereichen zur Mäßigung, zum Umweltschutz, zur „Förderung alternativer, regenerativer Energien“. Dabei könne aber „auf absehbare Zeit“ nicht auf die „friedliche Nutzung der Kernenergie“ verzichtet werden. hei