Hamburger GAL hofft auf „Mitleidseffekt“

Hamburg (taz) — Auf ihrer Mitgliederversammlung verzichtete die Hamburger GAL am Sonntag abend darauf, den politischen Kurs für die kommenden Bürgerschaftswahlen (im kommenden Frühjahr) in der Hansestadt festzulegen. Bei 200 Anwesenden stimmte eine knappe Mehrheit dafür, Beschlüsse über eine wahlpolitische Erklärung erst auf einer zweiten Versammlung im Januar zu treffen und statt dessen eine offene Debatte zu führen. Vermieden wurde damit zwar ein Austritt derjenigen Mitglieder, welche die GAL für ein mögliches Bündnis mit den Sozialdemokraten offen halten wollen, doch der Zeitdruck für den Bürgerschaftswahlkampf wird jetzt enorm groß. Denn in den Startlöchern steht bereits das konkurrierende Grüne Forum, das sich im Frühjahr dieses Jahres von der GAL abgespalten hatte. Für den Wahlkampf hat sich das Grüne Forum der Unterstützung prominenter Bundesgrüner wie Joschka Fischer und Antje Vollmer versichert und will bereits diese Woche erste Kandidaten für das Landesparlament der Öffentlichkeit vorstellen. Zwar hat der Bundeshauptausschuß der Grünen eine Wahlkampfbeteiligung von Mitgliedern und Funktionsträgern für die Konkurrenzorganisation untersagt, doch ob Fischer und andere sich daran halten werden, darf bezweifelt werden. Trotz dieser Konkurrenz und des schlechten Abschneidens des Hamburger Landesverbandes der Grünen, der GAL, bei der Bundestagswahl mit 5,8 Prozent Wählerstimmen vertrat der Landesvorstand wider alle bisherige Erfahrung die Meinung, daß die Partei bei der Bürgerschaftswahl das Bundestagswahlergebnis übertreffen werde. Die angegebenen Gründe: Die Grünen vor Ort würden vom „Mitleidseffekt“ profitieren, und außerdem würden auch Wähler, die zur Bundestagswahl noch der SPD mit Oskar Lafontaine ihre Stimme gegeben hatten, die kommunalpolitische Kompetenz der Grünen honorieren. Mit dieser Wahlarithmetik lüge man sich in die Tasche, qualifizierte eine Minderheit diese Einschätzung ab. Diese Gruppe will nun im Januar darum kämpfen, daß die GAL sich nicht auf eine offene Liste für Vertreter von Basisinitiativen und eine Totalablehnung der SPD zurückzieht. Kay Ingwersen