Schneechaos im Süden

■ Doch das kann einen deutschen Autofahrer nicht erschüttern

Stuttgart (taz) — Wie alle Jahre wieder haben gestern die ersten starken Schneefälle in Süddeutschland und den Alpen ein Verkehrschaos beschert: Rutschpartien auf der Rheintalautobahn, 50 Kilometer langer Zeitlupenverkehr auf der A6 Heilbronn-Nürnberg, gesperrte Bundesstraßen — wegen Hunderter Unfälle und querstehender Fahrzeuge ging auf den verschneiten und spiegelglatten Straßen zeitweilig nichts mehr. Die Verkehrsdurchsagen der Hörfunkstationen wollten kein Ende nehmen. Selbst für die Räumfahrzeuge gab es kaum ein Durchkommen. Schlitternd und kupplungsbockend konnten viele Bundesdeutsche beim Wintereinbruch wieder einmal ihre autofahrerische Inkompetenz unter Beweis stellen: Trotz Warnungen der Polizei, sich nur mit Winterausrüstung auf den Weg zu machen oder besser gleich auf den öffentlichen Personenverkehr umzusteigen, wollten sie sich partout nicht auf die winterlichen Straßenverhältnisse einstellen. Wegen nicht witterungsangepasster Geschwindigkeiten krachte es reihenweise, was für die Insassen jedoch meist glimpflich endete. Im Schwarzwaldkreis Freudenstadt dagegen, wo sich nach Aussage eines Polizeisprechers die wintererprobten Autofahrer weit vorsichtiger verhielten, lag bis zum Mittag keine Unfallmeldung vor.

Vom Schneeeinbruch ist auch der gesamte Alpenraum betroffen, von wo eine erhöhte Lawinengefahr und die Sperrung mehrerer Alpenpässe gemeldet wurden. In Tirol fiel der komplette Schulunterricht aus; die Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser nicht zu verlassen. In England, wo heftige Schneefälle seit Tagen die schwerste Schneekatastrophe seit neun Jahren ausgelöst haben, ist das öffentliche Leben praktisch erlahmt. Dort wurden bereits zehn Todesopfer gezählt. Für die nächsten Tage werden überall weitere Schneefälle erwartet. Erwin Single