Baker schließt Kompromiß nicht aus

Falls die kuwaitische Regierung zurückkehre und einen territorialen Deal mit Saddam Hussein abschließe, werde dies nicht an den USA scheitern, so der US-Außenminister in einem TV-Interview  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Nach dem Eintreffen der ersten von Saddam Hussein freigelassenen Geiseln auf amerikanischem Boden hat die Kriegsrhetorik der Bush-Administration spürbar nachgelassen. Zwar verneinte Außenminister James Baker am Sonntag noch einmal ausdrücklich, die USA seien zu einem Deal mit dem Irak bereit. Gleichzeitig ließ der US-Außenminister jedoch die Tür zu einem Abkommen zwischen Kuwait und dem Irak nach einem vollständigen Rückzug der Truppen Saddam Husseins aus dem besetzten Gebiet offen.

Auf seiner sonntäglichen Runde durch die Fernsehstudios der US- Networks wagte Baker sogar schon einen Ausblick auf die Zeit nach einem Truppenrückzug des Irak. Er kündigte an, daß eine von den USA angeführte multinationale militärische Streitmacht auch nach dem Abzug der 500.000 Mann starken irakischen Truppen aus Kuwait am Golf bleiben werde, um für eventuelle Verhandlungen zwischen dem Emir von Kuwait und Saddam Hussein den Ordnungsrahmen zu bilden. Die multinationalen Truppen, so Baker, seien auch als Sicherheitsgarantie gegenüber Saddams „disproportionaler Militärmacht“ und „einem möglichen Einsatz seiner Massenvernichtungsmittel“ nötig.

Spekulationen über eine friedliche Lösung des Golfkonfliktes hatten sich am Wochenende auch in den USA verdichtet, nachdem britische Zeitungen über die Errichtung von Grenzbefestigungen an der südlichen Grenze des umstrittenen Rumeila-Ölfeldes durch die irakischen Besatzungstruppen berichtet hatten. Ob die Bush-Administration, die weiterhin auf der vollständigen Erfüllung der UNO-Resolution besteht, sich mit einem Teilrückzug Saddam Husseins zufriedengeben wird, steht zu bezweifeln.

In den geplanten Hauptstadtbesuchen beider Außenminister wird es deswegen in erster Linie über die zeitlichen Aspekte einer möglichen Konfliktlösung gehen; darüber, wie nach außen hin das Bild eines vollständigen irakischen Rückzugs gewahrt werden kann, während man Saddam Hussein gleichzeitig einen Teil des vom Irak beanspruchten Ölfeldes und die beiden vorgelagerten Inseln Bubiyan und Warba verspricht. Selbst wenn sich die Kuwaitis einem Grenzhandel mit dem Irak verschließen, so zitierte der Londoner 'Observer‘ am Sonntag einen anonymen Beamten des US-Außenministeriums, „werden die USA nicht für ein paar Inselchen in den Krieg ziehen“.

Zunächst sind die USA jedoch noch mit einem anderen Dilemma konfrontiert: ihrem Abstimmungsverhalten bei der am Montag dem UNO-Sicherheitsrat zur Abstimmung vorliegenden Resolution über eine internationale Friedenskonferenz im Nahen Osten. Der israelische Premierminister Jizchak Schamir, der auf seiner gegenwärtigen Reise am Dienstag auch mit Präsident Bush zusammentreffen wird, nannte den Vorschlag erneut einen „non starter“ (indiskutabel) und schloß eine Beteiligung Israels kategorisch aus.

Die USA stehen dagegen einer solchen Friedenskonferenz grundsätzlich positiv gegenüber; nur wollen sie deren Einberufung in keiner Weise mit dem Konflikt um Kuwait verbunden sehen. Ein „Ja“ im Sicherheitsrat würde so die Israelis, ein „Nein“ die neuen arabischen Alliierten verärgern.

Bundesregierung fordert Deutsche zur Abreise auf

Bonn (dpa) — Die Bundesregierung hat am Montag „mit allem Nachdruck“ vor Geschäftsreisen in den Irak und auch vor einer Arbeitsaufnahme im Irak gewarnt. Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Hanns Schumacher, wies darauf hin, daß dies auch mit den Embargobeschlüssen des UNO-Sicherheitsrates kollidieren würde.

Zur Zeit gibt es nach diesen Angaben noch fünf Deutsche, die als „Problemfälle“ wegen ungeklärter Fragen über Doppelstaatsbürgerschaften im Irak festgehalten wurden, die jetzt aber ausreisen dürfen. Außerdem hielten sich jetzt noch sechs deutsche Staatsbürger freiwillig im Irak auf. Schumacher äußerte die „dringende Erwartung“ der Bundesregierung, daß auch diese Gruppe sich zur Rückkehr in die Bundesrepublik entschließe.