Wilde Riesen in milder Landschaft

■ Neues Buch von A. Mevissen über Weserlandschaft / Ausstellung in der Bürgerschaft

Was haben die Stadtmusikanten, der Baron von Münchhausen, der Rattenfänger von Hameln und Dornröschen gemeinsam? Ihre wahren oder erfundenen Geschichten entsprangen den verwunschenen Landschaften und Orten an der Weser. Annemarie Mevissen, frühere Bremer Bürgermeisterin, reist in ihrem neuen Buch Die Weser — begleitet von Sagen, Märchen und Legenden an der Weser entlang. Sie reist mit Farbe und Staffelei, aber auch als Chronistin und Erzählerin.

Die erste Reise ist eine visuelle Reise durch die ganzseitigen Illustrationen aus Öl und Aquarell. Die Betrachterin steht unvermittelt auf Bergkämmen, schaut in die weite Flußlandschaft aus zartgrün und luftigen Wolkenbändern und blickt am windgeschützten Waldrand auf gelbe Rapsfelder. BremerInnen erkennen ihre Weser am Dom, der in der Ferne aus der milden Landschaft ragt, an der Klöckner-Skyline unter riesigem Himmel. Die Bilder sind zur Zeit im Haus der Bürgerschaft ausgestellt.

Die zweite Reise ist eine poetische, sagenumwobene, geschichtenträchtige. Sie beginnt in Bremen und folgt der Deutschen Märchenstraße zunächst nach Worpswede. Dort fanden nicht nur die Bremer Stadtmusikanten das Räubernest, sondern hauste auch ein schrecklicher Hüne mit Namen Hüklüt, der eine Weste aus Ochsenfellen trug. Dem stand der Sinn nach Menschenfleisch. Ein Fischer lockte ihn ins Moor, wo er umkam, und bekam dafür die Tochter des Sachsenherzogs Rukbrok zur Frau.

Vor uns liegen grüne Täler und blühende Wiesen. Die Nadel-und Laubwälder reichen bis nahe an den Fluß, und die Weser bahnt sich ihren Weg wie ein leuchtendes Band an Bergen und Dörfern vorbei — wir sind im Weserbergland.

Weitere Sagen unterrichten die Leserin über die Entstehung des Reinhardswaldes, darüber wie Gott mit Blitz und Donner einen Abgrund schuf und daß die Sababurg das Dornröschenschloß ist, weil es den Grimm-Brüdern so gut gefallen hat. Es folgen Klöster, Kirchen-und Römergeschichten, Kunstschätze und Herr Baron von Münchhausen. Eine echte Norddeutsche findet Vertrautes in dem Weser-Buch von Annemarie Mevissen. Es ist ein Buch zum Wiedererkennen, Wiedererinnern und — Wiederhinfahren. Beate Ramm