Hiobsbotschaft von Finanzminister Waigel

■ Bonner Kürzungspläne überschatten große Koalition

Berlin. Man hat es eilig — vor allem bei der CDU. Bereits gestern trafen sich SPD und CDU zu einem ersten Koalitionsgespräch im Rathaus Schöneberg, um atmosphärische und inhaltliche Verträglichkeit zu prüfen. Das zweistündige Gespräch wurde nicht nur vom eisigen Wetter beeinträchtigt — im Tagungszimmer war die Heizung ausgefallen und man mußte in den Senatssitzungssaal umziehen. Kalter Wind wehte auch aus Bonn herein.

Wenige Tage nach der Wahl ließ Bundesfinanzminister Theo Waigel gestern durch den CSU-Landesgruppenvorsitzenden Wolfgang Bötsch verlauten, man wolle bereits am 1. Juli 1991 mit dem Abbau der Berlin- und Zonenrandförderung, vor allem aber mit der Reduzierung der Steuerzulage für Berliner ArbeitnehmerInnen beginnen.

Der zukünftige Regierende Bürgermeister Diepgen zeigte sich »alarmiert« und will nun mit dem noch Regierenden Bürgermeister Momper gemeinsam den »Versuch unternehmen, Berliner Interessen in Bonn zu vertreten«. Der ergriff qua Amt noch einmal die Gelegenheit, die Bonner Finanzpolitiker zu rügen. Er forderte, mit dem Abbau erst 1993 zu beginnen. Nach den Worten des SPD-Fraktionsvorsitzenden Staffelt wolle man gemeinsam in Bonn intervenieren. Klarheit über die zukünftige Bonner Finanzpolitik sei Voraussetzung dafür, daß eine Koalition zustande komme. Um die Lebensverhältnisse der beiden Stadthälften anzugleichen, forderte Staffelt zehn Milliarden Mark aus Bonn.

So konkret wollte sich Diepgen nicht äußern. Der CDU-Chef sprach sich vorerst für ein »Wirtschaftsförderungssystem« für alle neuen Bundesländer aus.

Heute sollen die Verhandlungen zwischen CDU und SPD fortgesetzt werden — und zwar gründlich, denn, wie beide Seiten betonten, man wolle eine Koalition auf fünf Jahre abschließen. anb/hmt