Gemeiner Ohrenschmeichler

■ Radiokritik: „Kaba“ und „Loyd schläft nicht“ / Zwei Hörspiel-Farcen

Hans Helge Ott — den Hörspiel-Regisseur wird man sich allmählich merken müssen. Der hat ja wohl statt fleischiger Ohren sphärische Lautlauscher rechts und links vom Kopf — und statt des Kopfes ein Radiogerät zwischen den Schultern sitzen.

Wie sonst ist es zu erklären, daß man sich bei seinen Hörspiel-Inszenierungen immer aufs neue ins Radio verlieben kann? Und in Hörspiele gleich mit, weil er so ohrenschmeichlerische, schwerelos schwebende Gebilde daraus macht, bei denen menschliche Stimmen und andere Geräusche zum stimmigen Gesamt-Klangwerk verwoben sind.

Ein radiophiler und -phoner Bruder Leichtfuß, der auch aus den zwei Hörspiel-Farcen von Franziska Kusch zwei mordsgemein-witzige Ohrgeburten machte: „Kaba“: der ganz normale Kommunikationswahnsinn an jenem Tag, an dem der Tiefflieger auf „Rumstein“ stürzte und sich der Absturz als Thema der Gespräche bricht mit Geschwafelfetzen alltäglicher Brutalität (“man kann das alles so oder so sehen“) und Sentimentalität — bis hin zur Weihnachtsfeier „bei Gisela“, auf der Reinhard Mey von der „grenzenlosen Freiheit über den Wolken“ singt. Ein böse ausgedachtes, präzise inszeniertes Stückchen Wirklichkeit.

Und „Loyd schläft nicht“, weil er schon mausetot ist: erstochen von seiner Frau, die ihn als nackte Leiche auf den Stuhl setzt und ihm, gemeinsam mit seiner Mutter und der Geliebten, den Mittelscheitel kämmt, den er zu Lebzeiten so gehaßt hat.

„Loyd tot? Das hätte ich jetzt nicht gedacht“, sagt Mutter ungerührt, und richtig: Loyd muß schon als Lebender ein Leichnam gewesen sein. Drei schreckliche Parzen, schön fies-souverän, haben den Zombie zur Strecke gebracht. Und drei Viertelstunden, schön fies-souverän, haben das Radiohören zu einem Vergnügen gemacht. Sybille Simon-Zülch