Zwischenhoch USA-Israel

Der US-Präsident verspricht dem israelischen Premierminister „keinen Handel zum Nachteil Israels“ im Golfkonflikt/ Die Bush-Administration verbeißt sich ihre Kritik/ Schamir traf Schewardnadse  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Daß sich US-Präsident George Bush und Israels Premier Jitzak Schamir nicht ausstehen können, ist allgemein bekannt. Und doch traten beide am Dienstag nach ihrem Gespräch im Weißen Haus lächelnd und mit freundschaftlichen Bemerkungen vor die Kameras. Solange sich Saddam Husseins Truppen in Kuwait aufhalten, haben weder die USA noch Israel ein Interesse daran, ihren schwelenden Konflikt über die Palästinenserfrage aufbrechen zu lassen. Er sei nach seinem Treffen mit George Bush sicher, so Schamir, daß die USA im Golfkonflikt „keinen Handel zum Nachteil Israels“ eingehen werde. Der Präsident habe ihm das mehrfach versichert.

Später gab Schamir in einem Fernsehinterview zu, daß ihm „der Gebrauch militärischer Mittel zur Erfüllung illegaler Forderungen“ Sorgen bereite. Auf die Frage, ob er gegenüber Präsident Bush mit einem israelischen Präventivschlag gegen das irakische Militärpotential gedroht habe, falls sich die USA mit einem Rückzugs Saddams ohne dessen militärische Schwächung zufrieden geben, antwortete Schamir, Israel habe den USA noch niemals mit etwas gedroht.

Der israelische Premier, der seinen mehrtägigen USA-Trip zur Spendensammlung in der amerikanisch jüdischen Gemeinde schon länger geplant hatte, war von George Bush erst vor kurzem zu einem Abstecher ins Weiße Haus eingeladen worden. Mit dem Nichteinhalten seiner Wahlversprechen für die besetzten Gebiete zu Beginn des Jahres hatte sich Schamir bei Außenminister Baker und Präsident Bush höchst unbeliebt gemacht. Seitdem hatten Bush und Schamir trotz der Golfkrise nicht einmal mehr miteinander telefoniert. Hinter dem dennoch freundlichen Empfang im Weißen Haus stand einzig und allein das Bestreben der USA, neben dem Golfkonflikt jegliche zusätzlichen Auseinandersetzungen sowohl mit Israel als auch mit den neuen arabischen Alliierten zu vermeiden.

Zu diesem Zwecke vollführen die USA auch bei der für Mittwoch vorgesehenen Abstimmung des UNO- Sicherheitsrates erneut einen diplomatischen Balanceakt. Der Resolutionsentwurf, der ursprünglich die Einberufung einer von Israel kategorisch abgelehnten Internationalen Friedenskonferenz zur Situation im Nahen Osten vorsah, wird auf Drängen der USA vermutlich verschoben oder so entschärft werden, daß eine Ja-Stimme der USA weder die Araber enttäuschen noch die Israelis allzusehr verärgern wird.

Nach dem Balancieren der UNO- Koalition und einer friedlichen Lösung des Golfkonfliktes könnte die Toleranz der Bush-Administration gegenüber der Regierung Schamir jedoch ein rasches Ende finden. Außenminister Bakers Äußerung vom Sonntag, daß die USA eine internationale Konferenz über die Palästinenserfrage „im Augenblick“ nicht befürworten, war in diesem Zusammenhang deutlich genug. „Eine erfolgreiche Erfahrung mit den Vereinten Nationen in der Konfrontation mit Saddam Hussein“, so vermuten die konservativen Kolumnisten Evans und Novak in der 'Washington Post‘, „könnte das Ende der von den USA praktizierten Politik bedeuten, vor jedem Vorgehen der UNO gegen Israel zurückzuschrecken.“

Das Thema „Internationale Konferenz“ stand für Schamir am Mittwoch erneut auf der Tagesordnung, als er mit UdSSR-Außenminister Eduard Schewardnadse zusammentraf. Bei der Begegnung ging es auch um die bilateralen Beziehungen beider Staaten. In Jerusalem geht man davon aus, daß die UdSSR bald wieder volle diplomatische Beziehungen zu Israel aufnehmen wird.

In Washington hat man im Augenblick viel konkretere Sorgen als die Palästinenserfrage und ihre verschiedenen diplomatischen Aspekte. Nach der überraschend zügigen Freilassung aller US-Geiseln durch Saddam Hussein bemüht sich die Bush-Administration den Eindruck zu vermeiden, ohne die Geiseln werde auch der militärische Druck auf den Irak nachlassen.

Zwar ist die Anteil der Amerikaner, die einen Krieg für wahrscheinlich halten, nach den jüngsten Umfragen von 75 Prozent auf 61 zurückgegangen. Doch sind es noch 58 (im Gegensatz zu bisher 63) Prozent der Befragten, die sich im Falle eines Nicht-Rückzugs des Iraks bis zum 15. Januar für ein militärisches Vorgehen der USA aussprechen.

Wenn der Kongreß Anfang Januar aus seinen Parlamentsferien zurückkehrt, dürften schließlich die Kosten der Entsendung von über 400.000 Soldaten an den Golf zum Thema werden. Nach den neuen Schätzungen von 30 Mrd. Dollar für das Finanzjahr 1991 hat das Pentagon bereits angekündigt, bei den Alliierten um zusätzliche Beiträge zur Kriegskasse nachzufragen, was Außenminister Baker wohl wieder veranlassen wird, mit dem Klingelbeutel für sein Söldnerheer auf internationale Tournee zu gehen.