■ Das Klavier im Kinderzimmer

»Es zahlt die Künstlerfrau. Ist sie ebenfalls Künstlerin, verfaulen ihr die Glieder einzeln bei lebendigem Leib unter der Kunstproduktion des Mannes«. Dieses bittere Fazit ihres Lebens zieht Clara Schumann, Pianistin und Ehefrau des Komponisten Robert Schumann, in dem Theaterstück »Clara S.« von Elfriede Jelinek. Die reale Clara Schumann lavierte ihr Leben lang zwischen ihrer eigenen Karriere als Künstlerin und einem traditionellen Frauenbild, das Frauen auf die Ehe und Kinderkriegen reduzierte. Ihr Vater, ein bekannter Klavierpädagoge, drillte sie früh zum pianistischen Wunderkind. Ihr erstes öffentliches Solokonzert gab sie mit elf Jahren im Leipziger Gewandhaus, im gleichen Jahr erschienen auch ihre ersten Kompositionen.

Als sie gegen den Willen ihres Vaters 1840 den Komponisten Robert Schumann heiratete, war sie eine in ganz Europa bekannte Klaviervirtuosin. Neun Schwangerschaften und der Zwang, die Großfamilie mit Konzerten und Unterrichtsstunden zu ernähren, ließen ihr keine Zeit mehr zur Entwicklung eigener Kompositionen. Eine Gesellschaft, die Frauen als Komponistinnen nicht akzeptierte, verstärkte ihre Selbstzweifel und ließ sie schließlich nach dem Tod ihres Mannes das eigene Schaffen ganz aufgeben: »Ein Frauenzimmer muß nicht komponieren wollen — es konnte noch keine, sollte ich dazu bestimmt sein?« Heute ist Clara Schumann nur noch als Interpretin ihres Mannes und ihres Freundes Johannes Brahms bekannt.

Die Ostberliner Schauspielerin und Autorin Blanche Kommerell, die seit fünf Jahren über heute vergessene Komponistinnen und Musikerinnen forscht, interessiert, wie diese — immer noch aktuelle — Zerissenheit von Musikerinnen zwischen künstlerischer Kreativität und ihrem Alltagsleben sich in ihren Werken ausdrückt. Gemeinsam mit der Leipziger Pianistin Gerlinde Otto stellt sie das Leben Clara Schumanns als Frauenbiographie unter der Frage »Wer oder was bleibt auf der Strecke, wenn man sich selber vervollkommnet?« am Sonntag den 16.12. um 20 Uhr in der Begine vor. Gerlinde Otto spielt Klavierwerke von Clara Schumann, Robert Schumann und Johannes Brahms. Bettina Schültke