KUNSTLICHT
: Anzeigenklein, Wimmelsinn, Pitschbunt & Patch

■ Jan Henderikse in der Galerie im Winter / Greune bei Gruppe Grün / Schmitz im Hohentor / Friederike Sensfuß im Focke-Museum

Es ist immer schon alles da. Wirklichkeit gibt es genug. Was fehlt, ist der rechte Blick. Und: der Zusammenhang. Jan Henderikse, Jg. 37, in Delft geboren, wendet sich Wirklichkeitspartikeln zu, die „rejected“, also für den Müllcontainer bestimmt sind: Alte Nummernschilder amerikanischer Autos, desaströse Hochzeitsfotos, 40.000 Dollar, durch den Reißwolf gedreht, in Plexiglas, von der Nationalbank abgeholt. Aufheben, ordnen, signieren: Henderikse, einer der ersten niederländischen Informellen (neben Jan Schoonhoven) signierte zu Beginn der 60er eine Rheinbrücke, die dann doch verlorenging. Der Titel der Ausstellung in der Galerie im Winter: You tall and blond, me dark with glasses“ bezieht sich auf eine Reihe von Exponaten: verbrauchte Kleinanzeigen, auf einen halben Meter aufgeblasen und von der Art „Pink Party, ich habe Dir eine Camel geliehen...“ Der Niederländer, Mitglied der Gruppe „Nul“, international hergezeigt, hat bei Ford in Köln gearbeitet, vier Jahre in Curacao gelebt und flippt derzeit zwischen New York und Berlin herum. (Richard-Wagner-Straße 32, geöffnet Di.-Fr. 15-19 Uhr, bis 31.12.)

„Alles wimmel von Sinn“. Karl Heinrich Greune, Jg. '33, in Braunschweig geboren, an der Düsseldorfer Kunstakademie ausgebildet, seit 1966 Professor für Malerei an der HfK, zitiert Serres und ist Strukturalist. In seiner Malerei bewegt er sich „im strukturalen Zusammenhang von Zeichen und Kraftfeld“. Verschiedene Studienaufenthalte in Japan und China haben ihn noch einem anderen Einfluß ausgesetzt: dem Zen oder der Kunst der Paradoxien. Seine Bilder sind jetzt in den Räumen der Gruppe Grün zu sehen, zarte Pinselzeichnungen, sublim ausgeführte farbenfrohe Ölbilder, zurückhaltend und ungemein geistvoll. (Fedelhören 32, bis zum 21. Dez.)

Noch 'n Professor: In der Werkstatt und Galerie Hohentorsheerstraße zeigt Wolfgang Schmitz, Ziehvater aller Bremer DruckgrafikerInnen, was er bei einem Aufenthalt in England in Aluplatten geritzt hat. Sein vorrangiges Thema entnahm er dem Benjaminschen „Passagenbuch“: die Passage. Lloydpassage, „Kupferpassage“, die „Passage du commerce de St.Andre“, die schon Balthus faszinierte, aber auch z.B. eine Schleuse in Flandern oder „A Passage to India“. (Hohentorsheerstr.49/51, bis zum 20.12.)

Friederike Sensfuß, die Gute! „Sachen in Seide“ nennt sie ihre tragbaren Kleinkunstwerke, jetzt im Focke-Museum zu sehen, weil sie den diesjährigen Förderpreis für das Kunsthandwerk errangen: lauter schwarze Kleider, Roben, Jacken, gepatcht aus geometrischen Formen, weil's recht und billig ist. Und Seide von so vielerlei Art: linnengrobe und büttenglatte, nachtstumpfe und metallic- schimmernde. Alles schwarz, aber sparsam besät mit splittrigen Spektralfarben. Es leuchtet aus Ärmelaufbrüchen und durchritzten Revers, es zwinkern Schleifen, Bordüren und Paspeln in hochvornehmer Freundlichkeit. (Schwachhauser Heerstr. 240, bis 13.1.91) bus/schak