Schritte zur Privatisierung

■ “Eigenbetriebe“: Scharfkalkulierende Betriebe statt bürokratischer Ämter

Für die Müllabfuhr bezahlen Sie echtes Geld an das „Amt für Stadtentwässerung und Abfallwirtschaft“. Wer das bremische Rechenzentrum nutzen will, muß blechen. Das Hygiene-Institut kassiert Bares für seine Analysen. Die „Werkstatt Bremen“ nimmt Aufträge entgegen und schreibt Rechnungen. All dies sind Ämter oder sogenannte 'Regiebetriebe', die möglicherweise bald selbstverantwortlich wirtschaften sollen. In erster Lesung beschloß gestern die Bürgerschaft das „Eigenbetriebsgesetz“. „Ämter mit eigenen Einnahmen sollen umgewandelt werden in Eigenbetriebe; wir erwarten daraus mehr Kostentransparenz, mehr Unternehmens- Flexibilität, mehr Wirtschaftlichkeit“, begründete Finanzsenator Grobecker das Vorhaben; Aktiengesellschaften und GmbH's, wie CDU und FDP das wünschten, kämen jedoch nicht in Frage, denn die „hoheitlichen Aufgaben“ wie Müllent- oder Krankenversorgung müßten unter parlamentarischer Kontrolle bleiben.

Gewerkschaften und Kammmern hatten für die geplanten Eigenbetriebe mehr Mitbestimmung gefordert, als zunächst mit der Zuständigkeit der Bremischen Personalvertretungsgesetzes vorgesehen war. Diesem Druck beugte sich, nach Streitigkeiten auch innerhalb der Fraktion, schließlich die SPD und brachte gestern noch einen Änderungsantrag ein, der als aufsichtsführenden Betriebsausschuß nicht mehr nur die zuständige Deputation vorsieht, sondern zusätzlich zwei Arbeitnehmervertreter.

So erfreulich CDU und FDP den „ersten Schritt zur de-facto-Privatisierung“ auch fanden, das ging ihnen zu weit. Über wirtschaftliche Angelegenheiten könnten und dürften Arbeitnehmmer nicht qualifiziert mitbestimmen, das mache Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, also etwa Rationalisierungen, unmöglich.

Für die Grünen begrüßte Elisabeth Hackstein die geplanten Eigenbetriebe, von denen sie sich „Entbürokratisierung und flexible Finanzvergabe“ erhoffte. Aber: Der öffentliche Zweck gehöre sicherheitshalber festgeschrieben. Es sei nicht nur Aufgabe der Abfallwirtschaft, etwa den Müll billig auf Deponien zu bringen, sondern zur Müllvermeidung beizutragen und Recycling zu unterstützen: Marktwirtschaftliche Gesichtspunkte seien wichtig, aber nicht die einzigen. „Nur wenn diese Betriebe eine Vorbildfunktion auch in ökologischer und sozialer Beziehunmg haben, sind sie vor privatwirtschaftlichen Übergriffen geschützt“, so Hackstein.

Davon aber wollte die die SPD-Abgeordneten nichts wissen, die gegen diese beantragte Festschreibung, gegen einen Fachbeirat nach dem Vorbild des Energiebeirats und gegen noch mehr Mitbestimmung die Hand hoben. Einer kam durch: der SPD-Antrag. S.P.