Ali aus Adelaide

■ »The Sweets of Sin« — Australier in Adlershof

Die australische Musikszene hat in Deutschland einen guten Ruf. Vor allem die energische Gitarrenmusik findet hier reißenden Absatz, australische Bands kommen trotz des weiten Weges gern auf Tour. Selten aber überschreitet eine Gruppe die Grenze des typischen, dröhnigen Gitarrensounds, der Inselmusik. Und daß eine Band aus Adelaide während eines Konzerts plötzlich deutsch singt, erwartet ohnehin niemand.

So waren Ende Oktober während der Berlin-Independent-Days die Zuschauer im JoJo-Club schwer irritiert. Der Sänger der australischen Formation »The Sweets of Sin« machte seine Ansagen in akzentfreiem Deutsch. Und auf einmal sang er sogar deutsch: »Ali will nach Hause / was die Kinder nicht versöhnt / weil sie in der Sprache denken / in der man sie verhöhnt...«

Ein weiteres Stück in türkischer Sprache, Can Hatice, unterstreicht den internationalen, weltoffenen Anspruch, der auf musikalischer Ebene in jedem Stück formuliert wird. Da treffen orientalisch wiegende Melodien auf fließende Percussionsströme, New-Wave-orientierte Keyboardcluster auf sehr weiche, wie gemalt wirkende Baßmuster, kabaretthafte Klarinettentupfer auf wummernde Tanzrhythmen. Drei Musiker versuchen die ganze Welt der Musik in einer Handvoll Songs unterzubringen.

Unüberhörbar ist dabei der stilprägende Einfluß des Keyboarders und Kopfs der Gruppe, Steve Z. Der gebürtige Engländer schloß ein Musikstudium in den Fächern Komposition und Waldhorn ab und schrieb jahrelang ausschließlich Zwölftonkompositionen, bevor er sich gänzlich der Popmusik zuwandte. Seine Stücke sind geprägt von orientalischen Einflüssen, der deutschen Kabarettliedtradition der zwanziger Jahre und komplexem New Wave der frühen Achtziger wie zum Beispiel der Gruppe Japan. Als Gegenpol zu diesen eher intellektuellen Popkompositionen steht der Gesang des unter dem irritierenden Pseudonym Frank Mankyboddle auftretenden deutschen Sängers. Ausdrucksstark die Höhen und Tiefen des Lebens und der Klangwelt durchwandernd, kann er bei düsteren Stücken die Zuhörer erschauern lassen, bei freundlichen ungeahnte Energien freisetzen. Als extrovertierte Bühnenperson weiß er zudem mit — passend zum Text eingestreuten — pantomimischen Einlagen das Publikum bestens zu unterhalten. Die Showelemente, ein stilisierter Aufmarsch von Soldaten beispielsweise, sind Reste aus der Zeit, als die Gruppe noch Musiktheater machte. Peter Lau

The Sweets of Sin heute um 21 Uhr im »Come In«, Rudower Chaussee am S-Bahnhof Adlershof.