Metall, Mutter, Makarenko

»Mathias« BAADER Holst ist einer von acht Ost-Dichtern und zwei Ost-Dichterinnen, deren Ost-Gedichte in dem Band »Fluchtfreuden Bierdunst — Letzte Gedichte aus der DDR« jetzt posthum (auch wenn die restlichen Kollegen die Währungsunion überlebt haben) erschienen sind. Nämlich in der Unabhängigen Verlagsbuchhandlung Ackerstraße und herausgegeben von Dorothea Oehme mit einer Vorbemerkung von Fritz Rudolf Fries.

In den Ost-Gedichten legiert sich deutsches Schwerblut mit Bitterfelder Schwermetall mit Liverpooler Heavy-Metal-Mythen Jahrgang 1968. Damals waren die Dichter so gerade mal drei oder sechs Jahre alt. Das Schwere, Blut oder Metall sogen sie mit der Milch, der mütterlichen, wobei wir bei dem anderen Fixbild wären — der Über-Ur-undsoweiter-Mutter, die die Jungen begleitet in irgendeine sechzigjährige zahnlose Zukunft, die sie nicht mehr haben, seit die russischen Futuristen in der stalinistischen Geborgenheit verschwunden sind. Statt derer dann Makarenko und die Internierungslager für verwahrloste Jugendliche: Das alles jedenfalls ist sehr ernst, so ernst wie die jungen Ost-Menschen selbst.

Die rufen und rufen. Jeder Vers ein Appell, eine Beschwörung, eine Wiederholung der Befehle der Mythen und Müttermonster. Die dichten aus ihren Körpern, die sie »Leiber« nennen, und aus denen nicht Wörter, sondern Totenlieder tönen, aus denen es stinkt, aus denen Gedärme wabern und in denen selbst noch die Industrie »Schleimspuren« hinterläßt. Ein Gedicht von Mario Persch heißt »Fötus in Formalin«, eines von Jörg Schieke »aderlaß«, das nächste vielmehr »ruhig blut«. »Ich gebe zu Meine Worte / Kommen Aus dem Spalt Bewußt / Sein Kopfgeburten Wehe Nicht / Aus dem Zwölffingerdarm Aus / Gestoßen...« dichtet Andreas Lehmann zum Titel »I feel for you«. Jimi Hendrix auf sozialistisch — oder: nach der Revolution kommt die Verdauung. grr