KOMMENTAR
: Ein Doppelagent bei der FAZ?

■ Beunruhigende Nachrichten aus dem deutschen Feuilleton

Der Spion beim 'Spiegel‘ ist enttarnt. Nun häufen sich Hinweise auf einen geheimen Saboteur bei der seriösen 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘.

Schon in der letzten Woche war in einem Nachruf auf die bekannte Schauspielerin Helga Feddersen folgendes zu lesen: „... an ihr tobte der Krebs seine ganze Tücke aus.“ und, unverzüglich darauf, „... den Tumoren aber wollte sich die Tapfere nicht ergeben.“ Wie ist diese Häufung von Stabreimen zu verstehen? Hat da nicht einer mit der Toten ein grausames Spiel getrieben?

Auf den gestrigen Kulturseiten der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ müssen wir lesen: „Walter Moers ist für seinen Comic Kleines Arschloch, Bildgeschichten um die unbequemen Weisheiten eines pubertierenden Knaben, die Auszeichnung ,Comic des Jahres‘ zuerkannt worden, die das Hamburger Fachblatt 'Rrraah!‘ in diesem Jahr zum ersten Mal vergeben hat.“ — Nur zur Veranschaulichung einen typischen „Witz“ dieses Zeichners: Eine Hochschwangere sagt beim Metzger: „Ich bekomme ein Pfund Gehacktes!“ Das „kleine Arschloch“ neben ihr — wahrhaftig ein pubertierender Knabe! — sagt mit einem hämischen Grinsen: „Da gratulier' ich aber! Wann ist es denn soweit?"

Nicht genug, daß eine solche Geschmacklosigkeit in Deutschland für preiswürdig befunden wird. Von der 'Frankfurter Allgemeinen Zeitung‘ aber hätten wir erwartet, daß sie diesen Skandal, wenn nicht schweigend übergeht, so doch entsprechend kommentiert. Wo waren Herr Fest und Herr Schirrmacher, als diese Zeilen in Satz gegeben wurden? Oder werden die Kurzmeldungen einer Zeitung nicht mehr der üblichen redaktionellen Sorgfalt für wert erachtet?

Mag sein, daß diese Zeilen von einem unreifen Praktikanten verfaßt wurden, der solchem Fäkalhumor etwas abgewinnen kann. Aber gerade die Arbeit mit Praktikanten erfordert ein feines pädagogisches Gespür. Und wenn dem nicht so sein sollte — weist dann nicht alles darauf hin, daß die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ in ihren Pelz, pardon: das Feuilleton, sich eine Laus hat setzen lassen?

Gerade Frankfurt mit seiner sich so gern „multikulturell“ nennenden „Szene“ ist ein Ort des geheimen, aber Gott sei Dank langsam absterbenden Tumults (worauf dankenswerterweise Brigitte Seebacher-Brandt erst kürzlich hingewiesen hat). Die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung‘ sollte Sorge tragen, daß die zerfallene „Bewegung“ der „Achtundsechziger“ nicht in ihren Redaktionsstuben ein warmes Plätzchen zum Überwintern findet! Elke Schmitter