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KOMMENTAREin Ende ohne Schrecken

■ Morgen wird das "DDR-Fernsehen" zu Grabe getragen

Das „DDR-Fernsehen“ ist tot — ein Grund zum Trauern? Ein paar wehmütige Tränchen werden heimlich wohl vergossen werden, wenn morgen das alte DFF-Programm abgeschaltet wird und ARD und ZDF die Grundversorgung in Sachen TV-Information übernehmen. Aber keine Sorge, „Ein Kessel Buntes“ wird bleiben, und „Gudruns Tierquiz“, der „Polizeiruf“, „Die Rumpelkammer“ und „Elf 99“ auch. Für die Fernsehmacher in Berlin-Adlershof bleibt vorerst noch die DFF-Länderkette, das einstige zweite Ostprogramm, wo das Bewährte, Gute, Schöne aus 40 Jahren zentralistischer Mediengeschichte konserviert werden kann. Den ganz besonders beliebten Fernsehstücken wird gar die Ehre zuteil, ins neue „Erste“ übernommen zu werden. Mit diesem Schritt vollzieht sich im östlichen Fernsehgebiet mit einiger Verzögerung genau das, was die ganze deutsch-deutsche Wiedervereinigung charakterisiert: Die ostdeutschen Politiker warten brav, bis ihnen der große Bruder aus dem Westen sagt, was zu tun ist. Und Bruder Mühlfenzl hat entschieden.

Das DDR-Fernsehen war nie ein Hort des Wiederstands. In seiner 40jährigen Geschichte wurden immer getreu die endlosen Berichte über Planerfüllung, Parteitage und Paraden abgeliefert, für seine Mitarbeiter bot es eine zwar strenge, aber dennoch behagliche Heimstatt. Dann kam die Wende, für die Journalisten die Befreiung der Bilder, und auch darauf stellte man sich ein. Neue Magazine wurden geboren, alte Köpfe ausgewechselt, engagierte Reportagen realisiert. Aber — und das darf man dabei nicht vergessen — immer nur als Reaktion auf die politische Wende. In Rumänien wurde das Funkhaus besetzt, in der Tschechoslowakei erzwangen die TV-Macher die Ausstrahlung der Bilder vom Massenprotest, in Ost-Berlin hingegen wartete man auf die Erlaubnis.

Natürlich hat sich der DFF innerhalb des letzten Jahres gewandelt, sind die Einschaltquoten enorm gestiegen. Plötzlich identifizierten sich die Zuschauer mit „ihrem“ Programm. Trotzdem haben die TV-Matadore im Osten ihre Chance zur Revolutionierung des Fernsehens verpaßt. Die Aktuelle Kamera vom SED-Verlautbarungsorgan zur heute-Kopie zu wenden, ist zwar bemerkenswert, aber eben auch keine Sensation. Warum haben sie statt dessen nicht eine News-Show nach amerikanischen Vorbild produziert? Gerade weil von Anfang an klar war, daß der DFF ohne Zukunft war, hätten die Redakteure nichts zu verlieren gehabt.

Der DFF ist tot, es lebe der Sandmann, können wir nun jubeln. Denn nur einmal erhob sich massiver Protest gegen das Verschwinden des DDR- TVs. Gerade das kleine bärtige Männlein ohne Mund sollte nicht sterben. Und siehe da, über 160.000 Zuschauerbriefe machten es möglich. Es darf weiter Sand in die ostdeutschen Fernsehaugen streuen. Daß nicht viel mehr vom DDR-Fernsehen übrigbleibt, ist kein Verlust. Ute Thon

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