Zur „Europäischen Friedensordnung“

■ Egon Bahr kündigt neue Schwerpunkte in der Friedensforschung an

Neue Schwerpunktsetzungen in der Friedensforschung kündigte Egon Bahr, Chef des Hamburger Institutes für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, an. Im Anschluß an ein international besetztes Kolloquium zur „Europäischen Friedensordnung“ im Hamburger Rathaus sagte Bahr, daß man sich nun auf neue Konflikte konzentrieren müsse. Beispielhaft nannte er die Nationalitätenprobleme in der UdSSR. „Die Stabilität in Europa ist nicht mehr durch die deutsche, sondern eher durch die russische Frage gefährdet“, so der SPD-Politiker.

Neben dieser Frage möchte Bahr die sogenannte Modernisierung von Waffensystemen und die Rüstungskonversion stärker in den Mittelpunkt des friedenspolitischen Forschungsinteresses gerückt sehen. Qualitativ neue Waffensysteme, die weiterhin in der Entwicklung sind, könnten neue strategische Optionen eröffnen und somit neue Bedrohungen entstehen lassen. Die Konzentration auf das nicht gerade neue Thema Rüstungskonversion hält Bahr deshalb für dringlich, weil die Umstellung auf zivile Produkte in Ost und West auf dem Hintergrund von Mangel- beziehungsweise Überflußgesellschaften völlig unterschiedliche Probleme aufwerfe.

Zum Golfkonflikt sagte Bahr: Oberste Priorität müsse der Kriegsverhütung zukommen. In diesem Zusammenhang sei er erleichtert darüber, daß die USA jetzt zu Gesprächen bereit seien. Am zweitwichtigsten sei die Beendigung der irakischen Invasion, die nicht unbedingt zu einer Wiederbelebung des Scheichtums in Kuwait führen müsse. Vielmehr gehe es darum, deutlich zu machen, daß Aggression sich nicht auszahle. Die Chancen, daß dieser Grundsatz zukünftig weltweit Beachtung finde, seien durch den Wegfall des Ost- West-Konfliktes sehr gestiegen. Die Frage, ob dies auch für die USA gelte, beantwortete Bahr allerdings mit einem klaren „Nein“. „Die beiden Supermächte, vielleicht ist es auch nur noch eine, können es sich weiterhin leisten, Regierungen ihrer Wahl einzusetzen“, meinte er mit Blick auf Panama. Kai Fabig