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„Der blaue Brief wird schnell kommen“

■ Monika Griefahn, Umweltministerin Niedersachsens: „Wir werden Beschwerde einlegen“ INTERVIEW

taz: Frau Griefahn, ihr Bonner Kollege Töpfer droht Ihnen seit Monaten mit einer bundesaufsichtlichen Weisung, die Sie auf die Auslegung der Planfeststellungsunterlagen für Schacht Konrad verpflichten soll. Wann erwarten Sie den blauen Brief aus Bonn?

Monika Griefahn: Der Brief wird sehr schnell kommen. Das bundesaufsichtlich-rechtliche Gespräch, das ich heute mit dem Bundesumweltminister geführt habe, war meiner Ansicht nach eine Farce. Herr Töpfer hatte sich vorher darauf festgelegt, uns die Weisung zu erteilen. Mit unseren Argumenten hat er sich kaum auseinandergesetzt. Es fehlt zum Beispiel bei den Planunterlagen eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Eine Auslegung der Unterlagen wäre daher eine Verstoß gegen das UVP-Gesetz. Doch das hat den Bundesumweltminister nicht interessiert. Bis zum Ende nächste Woche dürfen wir noch einmal eine Stellungnahme verfassen, anschließend wird wohl die Weisung kommen.

Werden Sie der Weisung Folge leisten?

Wir werden gegen die Weisung entweder beim Bundesverwaltungs- oder beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde einlegen und prüfen lassen, ob das Gericht die Aufassung von Herrn Töpfer teilt. Wir müssen als Landesregierung, die Interessen unserer Bürger schützen, werden uns dabei aber nach Recht und Gesetz verhalten.

Der Bundesumweltminister wirft Ihnen allerdings immer wieder vor, daß sie sich aus politischen Gründen über Vorschriften des Atomgesetzes hinwegsetzen würden.

Über das Atomgesetz haben wir heute kaum diskustiert, sondern fast ausschließlich über das UVP-Gesetz, daß Herr Töpfer nicht einhalten will. Der Bundesumweltminister meint, daß in den vorliegenden atomrechtlichen Planunterlagen die Umweltverträglichkeit der Anlage schon ausreichend geprüft worden sei. Wir halten es allerdings für zwingend geboten, das in dem Genehmigungsverfahren das erst seit einigen Monaten geltende UVP-Gesetz zur Anwendung kommt. Eine Umweltverträglichkeitsstudie, die den Anforderungen dieses Gesetzes entspricht, könnte wohl frühestens in einem Jahr vorliegen. Herr Töpfer hält sich nicht an Recht und Gesetz, wenn er den Verzicht auf die Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt. Daher halten wir auch die angekündigte Weisung für rechtswidrig.

Fehlen über die UVP hinaus auch noch weitere Unterlagen für das geplante Endlager?

Wir haben auch Probleme mit den Aussagen des Bundesamtes für Strahlenschutzes zu den Risiken der Transporte zum Endlager und zur Langzeitsicherheit. Der Bundesumweltminister ist allerdings nicht der Meinung, daß zur Langzeitsicherheit noch Unterlagen fehlen. Die Transportrisiken wären in der Umweltverträglichkeitsprüfung abzuhandeln. Auch Bundesumweltminister Töpfer hat im Prinzip zugegeben, daß eine Beurteilung der Risiken durch die Atomtransporte zum Endlager noch aussteht. Er will aber die Umweltveträglichkeitsprüfung nicht.

Welche Bedeutung haben denn die noch fehlenden Unterlagen für die Sicherheit des Projektes?

Bei der Auslegung der Unterlagen verschafft die UVP vor allem dem Bürger einen Überblick über alle Auswirkungen der Anlage und stellt diese im Zusammenhang dar. Interview: Jürgen Voges

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