RAF: Bonn dementiert unverdrossen

Berlin (taz) — Die Bonner Regierung bleibt weiter auf Tauchstation. Nachdem die taz gestern ihren Bericht über die versuchte Kontaktaufnahme der Bundesregierung zur Kommandoebene der RAF mit der Veröffentlichung zweier Briefe im Wortlaut untermauerte, reagierte die Ministerialbürokratie mit Nichtbefassung. Am Mittwoch hatte Schäubles Innenministerium den Bericht, daß die Regierung seit annähernd zwei Jahren bemüht ist, über Kuriere einen Verhandlungskontakt zur Kommandoebene der RAF aufzubauen, mit „blühende Phantasie“ abgetan.

Ein entsprechender Kabinettsbeschluß wurde ebenso dementiert wie die Darstellung der taz, daß die Staatssekretäre Neusel und Spranger federführend für das Zustandekommen des Verhandlungsangebotes verantwortlich zeichnen. Jetzt — nachdem die Kontaktaufnahme durch zwei Schreiben belegt ist — heißt es im Innenministerium: „Wir haben der gestrigen Erklärung nichts hinzuzufügen.“ Nahezu wortgleich sind die Stellungnahmen im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung wie auch in der Behörde von Justizminister Engelhard. Der Sprecher des Innenressorts auf Anfrage dazu: „Sehen sie, die Bundesregierung spricht mit einer Stimme.“ Die Noch-Fraktionssprecherin der Bundestags-Grünen und Mitinitiatorin einer Amnestiedebatte um die Begnadigung früherer RAF-Mitglieder, Antje Vollmer, erklärte: „Wenn die Informationen so zutreffen, ist die Bundesregierung mutiger und klüger, als ich vermutet habe.“ Die Fraktionsführerin der AL in Berlin, Renate Künast, die sich im Frühjahr 1989 mit der Berliner Justizsenatorin während des letzten Hungerstreiks der RAF-Gefangenen für eine Verhandlungslösung eingesetzt hatte, äußerte sich zum Dementi: „Selbst wenn es nur ,blühende Phantasie‘ wäre, ist die Idee dahinter zur Problemlösung brillant.“ Die Bereitschaft der Bundesregierung, „über die Person von Herrn Benz Gespräche in jedem Land und unter jeglichen Bedingungen zu ermöglichen“ — und so wurde es von den Kurieren über palästinensische Gruppen an die Kommandoebene der RAF übermittelt —, soll offenbar nun in den Rang einer Verfassungsschutzaktion heruntergestuft werden, für die das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz verantwortlich zeichnet. wg