Nach dem Fest aus dem Bunker auf die Weser

■ Senats-Rezept gegen Wohnungsnot: Wohnschiffe und Turnhallen / Bundeswehr: Kasernen nicht für Asylbewerber

Düsseldorf am Rhein hat's so gemacht, Hamburg an der Elbe auch. Jetzt tut's ihnen die Weserstadt Bremen nach: Die Sozialbehörde will AsylbewerberInnen nicht mehr an Land, sondern auf drei Wohnschiffen unterbringen. Das erste Schiff, die langgestreckte schwedische „Hallvard“, soll mit 200 Plätzen bereits im Januar im trostlosen Hemelinger Allerhafen festmachen.

Bei zwei weiteren Schiffen sind die Verhandlungen noch nicht so weit gediehen. Das größere der beiden bietet Platz für 400 PassagierInnen und liegt derzeit noch im griechischen Hafen Piräus. Wenn es nach der Sozialbehörde geht, soll dieses Schiff im Fischereihafen von Bremerhaven festgetaut werden. Doch der Bremerhavener Magistrat weigert sich bisher strikt. Für das kleinere, dritte Schiff ist ebenfalls noch kein endgültiger Standort gefunden. Gegen die BürgerInnen-Ängste tourt derzeit die Sozialsenatorin durch die Beiräte.

Die Sozialbehörde hatte die maritimen Pläne bereits seit Sommer in der Schublade liegen. Doch aufgrund der desolaten Finanzlage hatten die BeamtInnen es vorgezogen, auf weniger Asylbewerbungen im Herbst zu hoffen. Das erfüllte sich nicht. Im Gegenteil: Gegenwärtig kommen pro Monat über 100 AussiedlerInnen und rund 400 AsylbewerberInnen nach Bremen. Die schlecht vorbereitete Sozialbehörde brachte bekanntlich kurzerhand 200 AsylbewerberInnen in Bunkern unter (Friedrich-Karl Straße, Scharnhorst-Straße und Calvin-Straße). Die Bunker-BewohnerInnen sollen nach Weihnachten auch die ersten sein, die aufs Schiff umziehen dürfen.

Die AussiedlerInnen aus den Übergangswohnheimen haben dank der Bundesregierung bessere Aussichten: Für sie werden mit Finanz-Hilfe aus Bonn Fertighäuser und Wohnungen gebaut.

Insgesamt verwaltet die Sozialbehörde gegenwärtig 9.100 Plätze für AussiedlerInnen und AsylbewerberInnen. Davon 3.500 in Übergangswohnheimen, 3.400 in Wohnungen und Häusern und 2.100 in heruntergekommenen Hotels und Pensionen.

Und die Behörde rechnet damit, so Senatsdirektor Hoppensack, „daß wir bis Mai '91 tausend zusätzliche Plätze brauchen.“ Außer auf drei Schiffe will der Senat auf Fertigbau-Turnhallen setzen. Fünf Hallen sollen für ZuwanderInnen mit Zwischenwänden und —decken gebaut werden. Damit die Bevölkerung dieser Lösung zustimmt, wurden die Gebäude langfristig den Sportvereinen versprochen.

In der neuen Rechnung der Sozialbehörde steckt jedoch, so Senatsdirektor Hans-Christoph Hoppensack, eine „große Unbekannte: Was tut sich in der Sowjetunion?“ Eine SPD-Arbeitsgruppe bereite schon ein Einwanderungsgesetz mit festen Kontingenten für Zuwanderer vor, „um die Zuwanderung kalkulierbar zu machen“.

Hoppensack sieht zu den Schiffen sehr wohl auch eine Alternative an Land: „Wir könnten auf die Schiffe verzichten, wenn wir die freien Kapazitäten in den Bremer Kasernen nutzen könnten. Aber das ist Ministersache. Und das Bonner Verteidigungsministerium gibt die Kasernen zwar für Aus-und Übersiedler frei, aber nicht für Asylbewerber.“ Barbara Debus