Die Elefanten waren wieder da

■ Kanzler Kohl und Jonny Klein, das unschlagbare Porzellantreterduo, live in Rom

Das letzte Mal, als beide hereingerauscht kamen, Ende Oktober beim Sondergipfel, waren sie so schnell wieder fort, daß die Römer sie allenfalls schemenhaft hatten wahrnehmen können. Diesmal waren sie länger hier, „il cancelliere Elmutt Koll“ und sein „Portavoce Tschonny Kläin“. Diesmal, so die frohe Vorankündigung der Agenturen, könne man die „Architekten der historischen Wende“ (so 'Ansa‘) aber live bewundern, „die Männer, denen sogar 'Der Spiegel‘ bescheinigt hatte, daß sie alles richtig gemacht haben“.

So richtig zum Anfassen waren sie zwar auch diesmal nicht — dazu herrschte zu starker Regen. Außerdem gaben sich Kanzler und Gefolge, wenn sie nicht gerade Europa regierten, edlem Sinnengenuß hin (neben den Banketten auch der Aufführung der Tosca mit dem unvermeidlichen Pavarotti); und schließlich war, zum Verdruß der Kaufleute und der Weihnachtskunden, die Innenstadt weiträumig abgesperrt, so daß nicht einmal die aus allen Staaten angereisten „Jungen Europäischen Förderalisten“ ihre Idole aus der Nähe angucken konnten.

Dafür machte sich zumindest das deutsche Gipfelduo via Elektronik unüberseh- und -hörbar. Denn beide zeigten sich endlich wieder einmal so richtig in Form, so wie man sich die beiden „eigentlich“ vorstellt, also wenn sie nicht gerade nach Augstein alles richtig machen. Einsamer Höhepunkt, als Kohl — den Kopfhörerbügel salopp nach hinten geklappt — ausgerechnet in der Geburtsstadt des Begriffs „humanitas“ die Notwendigkeit der UdSSR-Hilfe geradezu umwerfend „humanitär“ so erklärte: „Wenn wir denen das Geld nicht geben, wird es teurer, als wenn wir es ihnen geben.“

Die Diplomaten waren gerade noch dabei, das Ganze als das übliche Mißverständnis herunterzuspielen, als im Pressesaal Tschonny Kläin seinen Mund auftat. Zugegeben: Es sah gar zu sehr nach Verschwörung aus, als plötzlich der Strom und damit die Verstärkung für den Sprecher wegblieb. Doch wie es schien, hatte der Jonny mit der Fliege auf so etwas gerade gewartet: „Man kommt sich vor wie im Mittelalter.“ Und weil er schon dabei war: Statt wie es sich gehöre — daß nämlich Informationen in sauberem Computerdruck oder mindestens maschinegetippt hereinkämen —, kriege er dauernd irgendwelche handgeschriebenen Zettel gereicht; und dann seien die Übersetzungen auch noch so roh, daß er überhaupt nichts kapiere. „Das ärgert mich unheimlich. So was darf doch in einem fortgeschrittenen Industrieland nicht passieren.“

Italiens Zeitungen brachten die Schelte überwiegend im Fettdruck. Allerdings fanden die Journalisten, man müsse das Problem in seiner ganzen Dimension sehen — und da stehe halt fest, daß auch andere „fortgeschrittene Industrienationen“ nicht immer frei von derlei Pannen seien. So etwa habe es während der Olympischen Sommerspiele in München so stark in die Basketballhalle hereingeregnet, daß man das Spiel aussetzen mußte. Cheforganisator war damals ein gewisser Johannes Klein — heute Regierungssprecher in Bonn.