Gezielte Mißverständnisse

■ Brigitte Mohnhaupt errichtet ihre Analyse auf einer Reihe von Falschinformationen

Der hier abgedruckte Brief von Brigitte Mohnhaupt dokumentiert einmal mehr die verheerenden Folgen der Isolation der RAF-Gefangenen von ihren GesinnungsgenossInnen und von der Außenwelt. Angewiesen auf wenige Informationen ihrer BesucherInnen macht die zu lebenslanger Haft verurteilte Gefangene offensichtliche Mißverständnisse zum Fundament ihrer Analyse.

Das Schreiben richtet sich an die RAF-Aussteigerin Friederike Krabbe (Rima), die die Gefangenen ebenso wie der Sicherheitsapparat im Irak vermuten. Doch der Kontakt, über den Rima nach Überzeugung Mohnhaupts in die BRD gelockt werden soll, ist nach den einhelligen Beteuerungen der Kontaktvermittler überhaupt noch nicht hergestellt (s. Interview auf Seite 12). Außerdem beinhaltet das „Aussteigerprogramm“ für ehemalige RAF-Mitglieder auch die Möglichkeit, in einem Drittland und ohne Aussagen als Voraussetzung ein neues Leben aufzubauen. Recht hat Brigitte Mohnhaupt, wenn sie glaubt, daß die Staatsschutzbehörden ein brennendes Interesse an möglichen Aussagen Krabbes über das Jahr 1977 mit den Anschlägen auf Buback, Ponto und Schleyer zeigen.

Auch für die falsche Annahme der Gefangenen, die bundesdeutschen Fahnder seien den in der DDR untergetauchten RAF-Aussteigern erst über einen frühen Kontakt des Anwalts Klaus-Peter Kern* zu einer früheren Mandantin auf die Spur gekommen, liefern die Vermittler eine plausible Erklärung. Die betroffene Aussteigerin versichert im übrigen, vom Aussteigerangebot erst nach ihrer Verhaftung in der DDR überhaupt erfahren zu haben.

Für die Zukunft wichtiger scheint die Tatsache, daß Brigitte Mohnhaupt den Versuch, eine Verhandlungssituation im Dreieck Gefangene/aktive RAF/Bundesregierung zu installieren, als schlichte Fortschreibung des Aussteigerprogramms interpretiert — und das Bonner Innenministerium dies mit seinem Dementi der Kontaktversuche auch noch zu bestätigen scheint. Mohnhaupts Interpretation ist aus ihrer Perspektive auch insofern plausibel, als derselbe Beamte, der für das Aussteigerprogramm steht (Benz), auch als Transmissionsriemen für die Kontaktversuche zur aktiven RAF tätig ist. Und so werden die (durchaus nicht staatstragenden) Vermittler in der Vorstellungswelt der RAF-Gefangenen ganz schnell zum verlängerten Arm des VS. Eine strategische Fehlkonstruktion, vorausgesetzt, die Regierung meint die Suche nach einer politischen Lösung ernst. gero