Loch im Pulli? Sechs!

■ SchülerInnen in Griechenland besetzen ihre Schulen

Athen (taz) — „In unserem Vokabular gibt es das Wort ,Niederlage‘ nicht — das hat die alte Generation noch nicht verstanden.“ Die MittelschülerInnen Griechenlands erteilen in diesen Tagen dem Staat eine Lektion. Wie eine Epidemie breitete sich ein „Besetzungsfieber“ über das ganze Land aus: 70 Prozent der Schulen sind fest in der Hand von 16- bis 18jährigen.

Anlaß für die Revolte sind Verordnungen von Unterrichtsminister Kondojannopoulos. Danach sollen Lehrer auch künftig die Möglichkeit haben, Aussehen und Verhalten der SchülerInnen sogar außerhalb der Schule in die Notengebung einzubeziehen. Der eigentliche Grund für den Protest liegt jedoch woanders: „Wie soll man im Winter was lernen, wenn es nicht einmal eine Heizung gibt“, fragt der 16jährige Jannis aus Athen. „Viele Schulen haben keine Laboratorien. Sogar die Basketbälle mußten wir uns selber kaufen, weil sie als Luxusgegenstände angesehen werden.“ Tausende Schüler treten den Gang zum Unterricht nur an, um körperlich anwesend zu sein. Das nötige Wissen, um etwa einen Platz auf der Universität zu ergattern, ist nur für teures Geld bei privaten Nachhilfeinstituten zu haben.

15.000 SchülerInnen legten dem Unterrichtsminister letzte Woche ihre Forderungen vor: mehr Geld für Schulen, Schluß mit der Privatisierung der Ausbildung und die vollständige Rücknahme der jüngsten Verordnungen. Auch die Drohung, wegen der Besetzungen das Schuljahr zu verlängern, beeindruckt sie nicht. „Alles oder nichts“ ist die Devise. Robert Stadler