Einen Hunderter für jedes Auto

■ Bonner Koalition einigt sich auf die Einführung einer Abgabe pro Pkw auf 100 Mark, pro Lkw bis 2.000 Mark/ Massive Proteste gegen Verteuerung des Telefons/ SPD droht mit Verfassungsklage

Bonn (taz/dpa) — Die Koalitionsarbeitsgruppe Verkehr hat sich am Montag auf die Einführung einer allgemeinen Benutzungsgebühr für Bundesstraßen und Autobahnen geeinigt. Wie aus Koalitionskreisen zu hören war, soll die Gebühr für Personenwagen nicht über 100 Mark, für Busse nicht über 1.000 Mark, für Lastwagen nicht über 2.000 Mark betragen. Über den Vorschlag muß nun die große Koalitionsrunde entscheiden.

Die Einnahmen für die Staatskasse werden auf fünf bis sechs Milliarden Mark geschätzt. Sie sollen zweckgebunden für Investitionen in Schiene und Straße insbesondere in Ostdeutschland benutzt werden. Die Arbeitsgruppe sei sich auch darüber einig geworden, daß bei solchen Investitionen künftig die Beteiligung von Privatkapital gesucht werden soll. Gerüchte, die Koalition plane eine Autobahngebühr von 200 Mark, ließ die Bundesregierung gestern in Bonn dementieren. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Michael Glos, sagte, sie seien „durch keine Tatsache gedeckt“. CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer bezeichnete die Meldungen als „freie Erfindung“. Auch der FDP-Vorsitzende Otto Graf Lambsdorff bestätigte: „Darüber wurde in der Koalition nicht geredet.“

Von Umweltminister Töpfer, der höhere Mineralölsteuern einer Autobahngebühr vorzieht, war gestern in Bonn nichts mehr zu hören. Dafür protestierten SPD und Umweltverbände: Die sozialdemokratische Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier warf der Regierung „konzeptionsloses Abkassieren“ vor. Die geplante Gebühr treffe jeden Autofahrer gleichermaßen, unabhängig davon, wie oft er seinen Wagen benutze. Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel unterstützte diese Kritik: „Die Regierung hat eine umweltpolitische Chance vertan.“ Die Umweltaktivisten von Robin Wood forderten: höhere Mineralölsteuer und niedrigere Preise bei der Bahn statt Autobahngebühren.

Auch bei dem zweiten umstrittenen Thema, der Erhöhung der Telefongebühren, gab es gestern in Bonn noch einmal Zoff: Die Koalition hat sich offenbar auf eine Verkürzung des Zeittakts beim Telefonieren geeinigt. Rund sieben Mark mehr sollen die BürgerInnen in Zukunft pro Monat an die Post-Firma Telekom zahlen. SPD-Postexperte Peter Paterna kündigte dagegen bereits Verfassungsklage an. „Die Gebühren dürfen nicht für eine verkappte Steuererhöhung benutzt werden“, sagte er. Dies verstoße gegen das Postgesetz. Gegen höhere Telefon- und Autobahngebühren sprach sich gestern auch der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Alfred Gomolka (CDU), aus. Im CDU- Vorstand sagte er, er halte nichts davon, auf diesem Weg Geld für die Einheit in die Bundeskassen zu bekommen. tst