Adass Jisroel im Clinch mit dem Senat

■ Orthodox-jüdische Gemeinde feierte den ersten Geburtstag nach ihrer Wiederzulassung durch den ehemaligen DDR-Ministerrat/ Sorgen um Zurückhaltung des Senats bei notwendigen Fördermitteln

Mitte. Mit einer Feier im Gemeindezentrum in der Tucholskystraße 40 erinnerte die orthodoxe Berliner Gemeinde Adass Jisroel gestern an den 18. Dezember 1989. Vor einem Jahr nämlich beschloß der DDR-Ministerrat, die Gemeinde in all ihre von den Nazis genau fünfzig Jahre zuvor geraubten Rechte wieder einzusetzen. An Adass rückerstattet wurde inzwischen auch der Vorkriegsbesitz: die Synagoge, das Gemeindezentrum, der Friedhof und das damalige Krankenhaus.

Inzwischen ist das Gemeindezentrum am historischen Ort wieder zu einem Ort des Gebets, der Lehre, der Kultur und sozialen Tätigkeit geworden. Nach Angaben des Rabbiners Eliezer Ebner haben sich mehr als 200 sowjetische Juden gefunden, die mit Hilfe von Adass den Weg zurück ins Judentum finden wollen. Hebräisch- und Religionskurse fänden seit längerer Zeit statt, die Schabbat- Gottesdienste seien stets gut besucht, und das Chanukkafest am 16. Dezember konnte mit über 400 Teilnehmern gefeiert werden. Schwerpunkt ihrer Arbeit sei die Betreuung jüdischen Zuwanderer. Alleine drei Mitarbeiter, sagte Sprecher Mario Offenberg, »seien ausschließlich mit dieser Aufgabe beschäftigt«. In naher Zukunft möchte Adass Jisroel ihr ehemaliges Krankenhaus in der Wilhelm-Pieck-Straße zu einem Wohnzentrum für hundert jüdische Neuzuwanderer ausbauen.

Große Sorgen bereitet der Gemeinde die Zurückhaltung von Fördermitteln durch den Berliner Senat. Und das, obwohl der Finanzplan für 1991 schon vor Wochen termingerecht eingereicht worden sei. Sollte die Gemeinde, obwohl sie eine durch den Einigungsvertrag anerkannte »Körperschaft des öffentlichen Rechts« ist, nicht finanziell unterstützt werden, sei die Existenz von Adass bedroht«, sagte Offenberg.

»Im Prinzip ist die Gemeinde anspruchsberechtigt«, bestätigte auch der Sprecher der Kulturverwaltung, Ulrich Zawartka. Die entscheidende Frage sei allerdings, wer letztlich die Vertretungsbefugnis für Adass Jisroel in ganz Berlin besitzt. Die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts sei vom Senat nie bestritten worden — ungeklärt sei ausschließlich die Entscheidung, wer der legitime Vertreter von Adass Jisroel sei.

Mario Offenberg habe schon vor Monaten einen Prozeß über diese Frage beim Verwaltungsgericht angestrengt. Verhandelt wird voraussichtlich Anfang 1991. »Bevor das Gericht diese Frage nicht entscheidet, können wir als Senat die finanziellen Ansprüche weder prüfen noch über die Berechtigung dieser Ansprüche entscheiden«, sagte Zawartka. Die Gefahr, daß die Gemeindearbeit in finanzielle Schwierigkeiten gerät, sieht auch er, aber: »Es ist nicht unsere Schuld, daß dieser Rechtsstreit sich so lange hinzieht.« aku