Polen will Kleinbetriebe fördern

Weniger Bürokratie, weniger Steuern, mehr Kredite/ Die Hilfe kommt fast zu spät  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Ein „Handwerksbetrieb“ kann in Polen alles mögliche sein, vom Schuhmacher über die Fotografin bis zum Taxifahrer. Um als solcher anerkannt zu werden, muß man sich lediglich beim Finanzamt registrieren lassen. In den letzten Jahrzehnten waren es vor allem diese Kleinbetriebe, die Polens Dienstleistungsgewerbe vor dem Zusammenbruch bewahrten. Erst jetzt, so sagen ihre Vertreter, sei die Regierung dabei, ihnen den Garaus zu machen.

Ende letzten Jahres gab es noch 845.677 Kleinbetriebe, davon haben inzwischen über 100.000 das Handtuch geworfen. Schuld daran ist vor allem die Mietenexplosion auf dem Immobilienmarkt, die der Einführung der Marktwirtschaft folgte. Dennoch bleibt Michael Wojtczak, stellvertretender Industrieminister, optimistisch: „Es sind zugleich auch 314.107 neue entstanden.“ Allein bis zum Sommer haben aber weitere 120.000 ihre Tätigkeit vorläufig ausgesetzt. Hinzu kommt, daß eine Verschiebung innerhalb der Branchen stattgefunden hat: Produktions- und Dienstleistungsbetriebe haben geschlossen, während Handelsbetriebe hinzugekommen sind.

Die Regierung wollte deshalb einen „Bevollmächtigten für den Handwerksbereich“ einsetzen. Wojtczak sollte das werden, doch bevor es dazu kam, erklärte die Regierung ihren Rücktritt. „Das neue Amt soll sich vor allem mit der Koordinierung westlicher Kredite für private Kleinbetriebe beschäftigen“, sagt Wojtczak. Angekündigt wurden bereits Steuererleichterungen: Statt bisher 50 Prozent Einkommenssteuer werden es künftig 40 Prozent sein. Verlustvorschreibungen für Neugründungen sollen mit dazu führen, daß 1991 eine halbe Million zusätzlicher Betriebe entstehen soll.

Dabei will der Staat auch Projekte fördern, die so riskant sind, daß keine Bank sie finanzieren würde. Auch für Joint-ventures sind die Neuerungen interessant, weil nach polnischem Gesetz die Gründung eines Mischbetriebs aus zwei Personengesellschaften möglich ist. Wojtczak: „Der ausländische Partner kann dann in seinem Heimatland Kreditlinien nutzen, der polnische kann unsere beanspruchen.“