US-Truppen aus der Eifel an den Golf

■ Verbände aus Bitburg, Spangdahlem und Hahn werden mobilisiert/ Größte Mobilmachung der US-Armee in der Nachkriegsgeschichte/ Friedensforscher kritisieren die ausschließlich militärische Debatte

Trier (taz) — Wenige Wochen vor Ablauf des UN-Ultimatums gegen den Irak mobilisiert die US-Luftwaffe in der Bundesrepublik in diesen Tagen „alles, was fliegen kann“ für den möglichen Einsatz am Golf. In Rheinland-Pfalz, dem Land mit den meisten Luftwaffenbasen, wurde jetzt eine Ausnahmegenehmigung erteilt, nach der Tiefflüge in einer Höhe von 150 Metern wieder erlaubt sind. Begründung: Vorbereitung auf den Wüstenkrieg. Noch in diesem Monat sollen F-15 Kampfbomber vom 36. Taktischen Kampffliegergeschwader bei Bitburg an den Golf verlegt werden, bestätigte das Hauptquartier der US-Luftwaffe Europa (USAFE) in Ramstein auf Anfrage. Wieviele dieser insgesamt 72 dort stationierten Maschinen in einen möglichen Golfkrieg geschickt werden, bleibt geheim. Nach unbestätigten Gerüchten solle jedoch bis auf rund ein Dutzend Maschinen das ganze Bitburger Kontingent an den Golf geschickt werden. „Einen Totalabzug wird es jedoch an keinem der Stationierungsorte geben“, umschreibt die USAFE das Ausmaß der Mobilmachung. Bereits Anfang September hatte der Eifelstützpunkt Bitburg weltweit Schlagzeilen gemacht, als zwölf der weitreichenden F-15 Bomber erstmals an Saudi-Arabien verkauft wurden. Vom zweiten Eifelstützpunkt der Air Force im nur wenige Kilometer entfernten Spangdahlem soll dann ab den ersten Januartagen Unterstützung für die US- Kommandozentrale am Golf durch die Entsendung von F-4G Phantoms, im Air Force-Jargon „Wilde Wiesel“ genannte Jagdbomber, in Saudi- Arabien eintreffen.

In der Entsendung dieser Maschinen unmittelbar vor Ablauf des UN- Ultimatums an den Irak, sehen Militärfachleute die Mobilisierung der „letzten Reserven“. Die „Wilden Wiesel“ sind mit modernster Elektronik zum Aufspüren von Radaranlagen zur Luftabwehr sowie von radargelenkten Raketen ausgestattet und können damit die gegnerische Abwehr „enthaupten“. Ebenfalls nach Saudi-Arabien entsendet werden in den kommenden Wochen F-16 Jagdbomber von der Hahn-Air-base im Hunsrück. Thomas Krumenacker

Kritik an militärischer Sicht

Ist der Krieg am Golf noch zu verhindern, oder gibt es noch Optionen für eine friedliche Lösung? Der bisherige Verlauf der Krise habe eher deutlich gemacht, daß über nichtmilitärische Lösungsmöglichkeiten bisher zu wenig nachgedacht wurde. Dies ist das Ergebnis eines Forums „Golfkrise“ der Hessischen Stif- tung für Friedens-und Konfliktforschung (HSFK). Während sich die öffentliche Diskussion weitgehend auf die militärischen Aspekte des Konflikts konzentriert, geraten die innenpolitischen Bedingungen in den beteiligten Ländern aus dem Blickfeld. In den USA z.B. gebe es eine verbreitete Zurückhaltung gegenüber einem militärischen Einsatz von liberalen Demokraten bis hin zu rechtskonservativen Republikanern. Bei den Demokraten, die sich zunehmend wieder als den Interessen „des kleinen Mannes“ verpflichtet fühlten, sei deshalb — auch im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 1992 — kaum eine Tendenz zur Unterstützung militärischer Operationen zu erkennen, so der Friedensforscher Ernst-Otto Czempiel.

Auf seiten des Iraks steht in erster Linie der Vormachtsanspruch für die arabische Welt im Vordergrund. Thomas Koszinowski vom Hamburger Orient-Institut sieht dennoch gute Chancen für eine friedliche Beilegung des Konflikts. Zwar scheine es in der irakischen Führung eine gewisse Selbstüberschätzung zu geben, andererseits müsse im Kriegsfall mit einem Angriff des Iraks auf Israel gerechnet werden. Damit aber würde der Konflikt völlig unberechenbar werden. Letztlich läßt sich die Palästinafrage also nicht vom Golfkonflikt trennen. Sollte es zu einer Konferenzlösung kommen, dann könnte immerhin auch über eine beiderseitige Abrüstung der beiden vorherrschenden Mächte in der Region, des Iraks und Israels, verhandelt werden. Bernhard Winkler