Wer hat noch nicht? Wer will noch mal?

■ Über Versuche, auf das Bonner Personalkarussell aufzuspringen/ Familienministerium soll dreigeteilt werden

Bonn (taz) — In Bonn dreht sich wieder das Personalkarussell. Viele sind schon runtergeplumpst, und einige versuchen gerade aufzuspringen. Zum Beispiel FDP-Bildungsminister Jürgen Möllemann. Er ist auf das Wirtschaftsministerium scharf. Sein Argument: Als künftiger FDP-Vorsitzender brauche er ein wichtiges Ministeramt. Seine Kabinettkollegen scheinen dies inzwischen auch eingesehen zu haben. Seine Parteifreundin Irmgard Adam-Schwaetzer steht vor einem viel größeren Problem. Bundeskanzler Kohl hatte ihr den Posten der Gesundheitsministerin angeboten. Er will die zuständigen Abteilungen des Familien- und des Arbeitsministeriums zusammenlegen und so ein neues Ressort schaffen. Die jetzige Staatsministerin im Auswärtigen Amt möchte aber lieber FDP-Fraktionsvorsitzende werden. Soll sie also das Ministeramt ausschlagen und das Risiko eingehen, daß ihre Fraktionskollegen den Wirtschaftsexperten Otto Solms oder gar den alten Mischnick zum Vorsitzenden wählen?

Gar nicht witzig findet wohl auch Norbert Blüm diese Diskussion. Sein Ministerium will Kohl einfach um die Abteilung Gesundheit verkleinern. „Wenn ihm das nicht paßt, kann er gehen“, beschreibt ein Kanzlerberater Blüms Standing im Kabinett.

Das Familienministerium, auch das scheint inzwischen festzustehen, wird dreigeteilt. Die MitarbeiterInnen arbeiten in diesen Tagen an Vorschlägen, welche Abteilung am besten wohin geschoben wird. Als Ministerin für das Ressort „Familie und Frauen“ sind die Wiesbadener Bundestagsabgeordnete Hannelore Rönsch und die baden-württembergische Sozialministerin Barbara Schäfer, beide CDU, im Gespräch. Die Wohnungsbauexpertin Rönsch hatte mit Frauen- oder Familienpolitik noch nie etwas zu tun. Dafür schimpft sie gerne über die „Fließbandmoral“ von Frauen, die angeblich leichtfertig abtreiben lassen, und befürwortet eine schärfere Abtreibungspraxis. Auch Barbara Schäfer will kein liberales Abtreibungsrecht. Ein neu zu schaffendes „Jugend- und Sportministerium“ soll die ehemalige stellvertretende DDR-Regierungssprecherin Angela Merkel (CDU) bekommen. Heißumkämpft von CDU und CSU ist das Verkehrsministerium. Die Bayern wollen das Ressort des abgehalfterten Friedrich Zimmermann nicht rausrücken und ihren Landesgruppenchef Wolfgang Bötsch zum Minister küren. Kanzler Kohl möchte dagegen Günther Krause, den DDR-Verhandlungsführer bei den Gesprächen zum Staatsvertrag, mit diesem Ministerium belohnen. Der Nachfolger von Justizminister Engelhard steht dagegen so gut wie fest. Justizstaatssekretär Klaus Kinkel, Verfechter von Vermummungsverbot und schärferen Sicherheitsgesetzen soll es werden. Tina Stadlmayer