KUNSTLICHT
: Spiritus loci, fotografisch

■ Die Neuenlander Straße als fotografisches Objekt und Ausstellungsort

Ideen hat Fritz Haase, Professor für Grafik-Design an der HKM und erfolgreicher Werbegestalter, eine Menge. Eine von den guten ist die, seine StudentInnen nicht immer nur im Hochschul- Ghetto arbeiten zu lassen, sondern mit Ausstellungen eine andere Öffentlichkeit zu suchen, an der sie sich reiben können.

„Fotografien da ausstellen, wo man sie gemacht hat“, lautet das Konzept, und für sein jüngstes studentisches Foto-Projekt, „Neuenlander Straße — das Gesicht einer Straße“, hat er als passenden Ausstellungsplatz den Verkaufsraum eines Autohändlers vor Ort akquiriert.

Die Hintergründe und Absichten der beteiligten StudentInnen zwischen erstem und zehntem Semester sind so verschieden wie die ausgestellten Fotografien, die sich in unterschiedlichem Maß von den teuren Kreationen aus Glanz und PS, die den Zugang zu den Bildern erschweren bis versperren, belästigt fühlen. Die eine Fraktion der FotografInnen, die in ihrem ästhetischen Bemühen dem Erfolg des Lehrmeisters nacheifert und hübsche, bonbonbunte Werbe-Fotografie abliefert, paßt sich willig in diesen Rahmen. In ihren Bildern waltet der Wunsch, ihn bruchlos auszufüllen.

Andere stehen der Welt der Auto- Verkaufsshows distanzierter gegenüber, so wie sie sich durch das Kamera-Objektiv auch von dem Straßenmonster Neuenlander Straße absetzen: Dokumentaristen, die das Straßenthema mit panoramatischem Blick bannen, oder im harten Schwarzweiß die Beton-und Blechwüste in ihrer rigiden Linienführung uns in den Blick schneiden. Die Ablichtung der wenigen, verlorenen Personen an dieser Straße ist die Widerspiegelung ihrer Lebensfeindlichkeit.

Dazwischen findet man Licht-und Formensammler, konzeptionell arbeitende Material-Ablichter, Idylliker und Selbst-Inszenierer. Ein vielfacettiges Bild.

Nur schade, daß es hier keine sieht. Abgesehen von der Eröffnungs-Party, die den ausgestellten Arbeiten die gewohnte Hochschul-Öffentlichkeit bescherte, sind es wenige, die den Weg finden an den unwirtlichen Stadtrand, wo die Wüste locker von der Industrie über den Verkehrsstrom ins Wohngebiet springt.

Schade, daß außer den Angestellten des Auto-Verkäufers niemand über diese Bilder stolpert, daß sie keine Beachtung mehr genießen, noch nicht einmal von Leuten, denen im Zeitalter der Schnelligkeit eine Luxuslimousine schöner ist als alle Fotografien der Welt zusammmen. step

noch bis zum 30.12. zu den geschäftsüblichen Öffnungszeiten im Autohaus Vancura, Neuenlander Straße / Ecke Flughafendamm.