Gesamtbeirat ist, wenn alle an einem Strang ziehen

■ Angelika Pensky (SPD) und Ulrike Schreiber (CDU) leiten Koordinatinsgremium und wollen neuen Schwung bringen

Ulrike Schreiber (CDU) ist als stellvertretende Sprecherin des Gesamtbeirates gewählt geworden. „Frauenpower im Gesamtbeirat“ freute sich eine Pressemeldung der CDU. Denn damit stehen nun zwei Frauen an der Spitze des Kommunikations-Gremiums der Beiräte. Sprecherin ist seit September Angelika Pensky, SPD-Beiratssprecherin in der Östlichen Vorstadt. Ulrike Schreiber ist Vorsitzende der Frauen-Union und seit drei Jahren Sprecherin des Beirats Mitte.

Glaubt frau den beiden Sprecherinnen, wird der Gesamtbeirat in Zukunft öfter von sich hören lassen. Denn der aus den 22 SprecherInnen der Stadtteilbeiräte zusammengesetzte Gesamtbeirat kann immerhin alle gesamtbremisch interessanten Themen beraten und Beschlüsse dazu fassen, zum Beispiel zur Verkehrsberuhigung, zum ÖPNV, zur Asyl- und Drogenpolitik und zu Plänen, wo in Bremen künftig Wohn- oder Gewerbegebiete geschaffen werden sollen.

Nur dazu muß es erstmal kommen. Ulrike Schreiber: „Es kommt darauf an, was man daraus macht. Beispielsweise beim Verkehrskonzept sollten wir an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas fordern. Denn mit dem Stückwerk in der Verkehrspolitik ist doch niemand zufrieden.“ Angelika Pensky formuliert es noch deutlicher: „Der Gesamtbeirat soll Kirchturmpolitik und das St.- Florians-Prinzip vermeiden helfen.“

Der „Juckepunkt“ sei, so Pensky, daß der Gesamtbeirat von den Ressorts als Informationsschiene nach unten genutzt worden sei, nicht aber als Gremium der Entscheidungsfindung. Bestes Beispiel: Die Neuorganisation der Sozialen Dienste. „Da war der Gesamtbeirat kein Beratungsgremium, sondern Forum zur Hofberichterstattung.“ Das hängt natürlich nicht zuletzt von Engagement des Gesamtbeirates selbst ab.

Der Gesamtbeirat ist eine Art Pufferzone zwischen den Behörden (hauptsächlich für Soziales, Bau und Bildung) und den stadtteilspezifischen Interessen der einzelnen Beiräte. Dabei sollen die Informationen in beiden Richtungen fließen: Von den Deputationen über den Gesamtbeirat in die Stadtteilbeiräte und umgekehrt.

Der Gesamtbeirat, so wünschen sich dessen Sprecherin, muß zu mehrheitlichen Entscheidungen kommen, die von den Ressorts nicht übersehen werden können. Ein Beispiel: Der Bausenator soll in Zukunft Städtebaufördermittel vom Bund nicht mehr in eigener Regie einwerben, ohne mit dem Gesamtbeirat zuvor Prioritäten, Zeitabläufe und Geldsummen abgesprochen zu haben, die alle mittragen.

Die einzelnen Stadtteilbeiräte sind zunächst sich selbst am nächsten. Jeder will zuerst die neue Schule, den neuen Radweg oder die Verkehrsberuhigung, keiner will Asylanten und Fixer in der Nachbarschaft haben. Auch da soll der Gesamtbeirat schlichten helfen. „Im Gesamtbeirat“, so Angelika Pensky, „wird deutlich, wo in der Stadt die sozialen Brennpunkte wirklich liegen. Das müssen die anderen Beiratssprecher dann einsehen und in ihrem Beirat vertreten.“

Nicht zuletzt bringt der Gesamtbeirat „Ressortegoismen“ in Erfahrung. Ein Beispiel wäre: Der Innensenator, der übrigens die Gesamtbeiratssitzungen leitet, fordert zehn neue Polizisten, um das Drogenproblem in den Griff zu bekommen, und die Sozialsenatorin macht sich ausschließlich für das Methadonprogramm stark — einer will aber vom anderen nichts wissen. Von dieser theoretischen Verbissenheit wollen die beiden neuen Frauen weg.

„Frauen machen andere Politik"

Frauen machen andere Politik als Männer. Das finden sowohl Ulrike Schreiber als auch Angelika Pensky. Ulrike Schreiber: „Politik kommt bei Frauen von ganzem Herzen und sie denken über die Politik hinaus auch an menschliche Dinge. Und Frauen sind der Wirklichkeit näher.“

Angelika Pensky: „Frauen haben aufgrund der Lebenserfahrung einen anderen Ansatz: Sie denken an alle Probleme gleichzeitig — im Gegensatz zu dem Schubladendenken der Männer. Die machen Zahlenpolitik ohne zu begreifen, was das für Menschen bedeutet. Frauen erleben stärker die Auswirkungen von Einzelentscheidungen.“

Beate Ramm