Mieten sind explodiert

■ Senat stellte Neubaumietspiegel vor/ Preise über 20 DM pro Quadratmeter üblich/ Bausenator Nagel: Keine öffentliche Förderung ohne Preisbindung

Berlin. Es soll keine öffentlichen Gelder für den Bau neuer Wohnungen mehr geben, wenn nicht gleichzeitig deren Mieten gebunden sind. Darin sei man sich in der entsprechende Arbeitsgruppe innerhalb der Koalitionsverhandlungen einig, berichtete Bausenator Nagel (SPD) gestern vor der Presse. Anlaß: Der Bausenator stellte gemeinsam mit Vermieter- und Mieterverbänden erstmalig einen Mietspiegel für den Neubau vor, der hier »Münchner Verhältnisse ahnen läßt«, so der Geschäftsführer des Mietervereins, Vetter. Denn die Mieten für Wohnungen, die ab 1984 fertiggestellt wurden, sind exorbitant hoch: So werden für solche Wohnungen in guter Wohnlage — etwa Zehlendorf oder Charlottenburg — zwischen 18,68 DM und 23,20 DM pro Quadratmeter gezahlt, ohne Heizung. In mittleren Wohnlagen — etwa Tempelhof oder Wedding — sind es immer noch bis zu 17,27 DM pro Quadratmeter. Dies sind meistens Wohnungen des sogenannten Dritten Förderweges oder des Sonderprogramms Dachgeschoßausbau, die vom Land Berlin in beträchtlicher Höhe bezuschußt werden. In den Mietspiegel fließen nur Mietverträge von Neubauten ein, die drei Jahre vor dem Stichtag 1. April 1990 geschlossen wurden. Bei späteren Mietverträgen liegen die Mieten nach Beobachtungen des Rings Deutscher Makler noch um 30 Prozent höher. Relativ preiswert sind dagegen noch Sozialwohnungen der 50er und 60er Jahre, deren Bindungen inzwischen ausgelaufen sind.

Bei Neubauwohnungen darf bei bestehenden Mietverhätnissen alle drei Jahre eine Mieterhöhung von maximal 30 Prozent genommen werden. Dazu, und nur dazu, dient der Mietspiegel. Einerseits kann der Mieter sich darauf berufen, diese Mieterhöhung zu begrenzen, wenn sie den entsprechenden Wert im Mietspiegel übersteigen. Andererseits muß jede Mieterhöhung begründet werden, dazu ist der Mietspiegel eine für den Vermieter vergleichsweise einfache Möglichkeit. »Der Mietspiegel gibt nur die Marktsituation wieder, er ist keine Mietentabelle, an die ein Vermieter rechtlich zwingend gebunden ist«, erklärte Bausenator Nagel ausdrücklich. Der Mietspiegel betrifft die 70.000 Wohnungen — nur in West- Berlin —, die nicht oder nicht mehr preisgebunden sind und nach 1949 gebaut wurden. Das sind 6,5 Prozent des Bestandes. Der Mietspiegel wurde vom Institut GEWOS durch die Befragung von 2.500 Mietern und Vermietern auf wissenschaftlicher Basis erstellt. Demzufolge erwarten die Verbandsvertreter, daß er von den Gerichten anerkannt wird. Er ist in den Bezirksämtern und beim Bausenator kostenlos erhältlich. Für 1992 ist ein Mietspiegel für ganz Berlin geplant. esch