Happy-End im Drogenkrieg?

■ Verhandlungslösung zwischen Kolumbiens Regierung und Medellin-Kartell

Bogotá (taz) — Goldketten um den Hals und weiße Fähnchen in der Hand ergeben sich 200 Kokainbarone vor laufenden Kameras, um dann, die Nationalhymne singend, hinter den Türen eines gemütlichen kleinen Gefängnisses zu verschwinden — kein Scherz, sondern das durchaus mögliche Szenario zur Beendigung des kolumbianischen Drogenkrieges. Bereits vor Wochen boten die als „Die Auslieferbaren“ zeichnenden Narcos aus Medellin eine solche Lösung an. Und nun hat sich in einem ersten Schritt der jüngere Bruder Fabio aus der Medelliner Ochoa-Familie nach Geheimverhandlungen den Behörden gestellt.

Hintergedanke: Ein paar Jahre im kolumbianischen Knast sind der stets drohenden lebenslangen Haftstrafe in einem US-Hochsicherheitstrakt allemal vorzuziehen. Für die Regierung ist eine 180-Grad-Wende in der Drogenpolitik dabei gar nicht nötig: offizielle Sprachregelung ist, zwischen dem zu ahndenden „Drogenterrorismus“ — der aus der Welt geschafft werden könnte — und dem „Drogenhandel“ — der weitergehen würde — zu unterscheiden. Freilich gibt es auch eine Menge Probleme. Wieviele Kokainbarone werden sich insgesamt überhaupt stellen? Wenn sich alle stellen, gibt es keinen mehr zu verpfeifen: Die Regierung fordert aber Aussagen des einzelnen Drogenhändlers über seine Komplizen. Wer sind überhaupt „alle“? Von einer durchstrukturierten „Internationale des Verbrechens“ kann nicht die Rede sein — das Medellin-Kartell ist eher ein buntes, kaum organisiertes Bündnis. Wird Ober-Narco Pablo Escobar mitmachen? Und wie lang sollen die Kokainbarone im Gefängnis sitzen? Die kolumbianische Justiz kann dem einzelnen kaum etwas nachweisen. Also eine Pauschalstrafe für alle? Bei so vielen Kniffligkeiten scheint eine Frage relativ unproblematisch: die des Termins weiterer Übergaben. Heiligabend wäre doch nett. Ciro Krauthausen