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Straße vollgepinselt

■ Gemein: Sparkassen-Chefs müssen von der Überholspur runter

Werftensterben, Staatsbankrott und den Abriß des Senatsgästehauses hat Friedrich Rebers ohne Schaden überstanden. Doch jetzt ist dem hansestädtisch kühlen Banker die Galle übergelaufen. Eines Morgens, als Rebers gemütlich in seinem großkarossigen Sechszylinder auf dem morgendlichen Weg an den Arbeitsplatz am Brill saß, da ist es passiert: Eine weiße Linie schnitt dem ansonsten so gelassenen Mann ins Auge. Über Nacht war seine Überholspur auf der Schwachhauser Heerstraße für den Busverkehr abschraffiert worden.

„Man kann doch nicht einfach die Straße vollpinseln“ — noch heute kann Rebers die direkt gegen sein persönliches Gaspedal gerichtete staatliche Zwangsmaßnahme nicht fassen: „Da baut man erst breite Straßen und dann macht man sie wieder enger!“ Rebers lief zu seinem Kollegen Dr. Heinrich Frick. Auch dessen Autoweg von Oberneuland an den Brill war strichmäßig beschnitten worden. „Die Stadt des Superautos tritt die Superautos mit Füßen“, beschwert er sich seitdem bei jedem, der ihn danach fragt, und folgert: „Wer die SPD wählt, wählt den Verkehrsinfarkt.“

Es blieb nicht bei dem Gespräch am Arbeitsplatz der beiden Autofreunde. Schließlich sind Rebers und Frick nicht Hinz und Kunz, sondern die Chefs der Bremer Sparkasse. Und die trat nun mit einer Senats- Kritik vor die Presse, die sich gewaschen hatte. Wedemeiers Verkehrs-Politik gleiche „dem Versuch, den Stromverbrauch der Bevölkerung dadurch zu vermindern, daß nur noch eine Steckdose pro Wohnung zugelassen wird“, wetterten Rebers und Frick. Die weißen Straßen-Striche seien sogar lebensgefährlich, denn Staus und Straßenverengung könnten nun „Notarztwagen und Feuerwehrfahrzeuge daran hindern, den Menschen Hilfe zu bringen“.

„Wir geben ja auch keine Erklärung ab, daß die Kontoführungsgebühren zu hoch sind und damit womöglich Kleinsparer betrogen werden“, pariert Senatssprecher Sondergeld und verspricht: „Im Kampf um die Striche wird nicht zurückgewichen.“ Persönlich hatte sein Chef Klaus Wedemeier die Minsterpräsidentenkonferenz in München unterbrochen, um Frick und Rebers deutlich die Meinung zu sagen. Ihre Ausnutzung des Amtes für einen CDU-Wahlaufruf sei einmalig und ein Anschluß an die „Holzhackermethoden der CDU“.

Sagt Sparkassen-Chef Rebers: „Ich bin seit 1958 SPD-Mitglied.“ Wilhelm Kaisen habe ihn damals in die Partei gelockt. „Ob das heute nochmal passieren würde, weiß ich nicht“, ergänzt der Überholspur- Fahrer und warnt Wedemeier dann wieder ganz als Banker: „Bei der Bürgerschaftswahl im nächsten September kriegen Sie die Quittung.“ Rosi Roland

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