Reise nach Jerusalem

■ Wie Ritter Konrad von Grünemberg sich auf seine Pilgerfahrt ins Heilige Land anno 1486 vorbereitet:

Item wer sich anschickt nach Gott und seinem Grab übers Meer zu reisen [...] kauf ein Bett, vier Leintücher, ein Kolter [Unterbett], zwei Kissen und dazu zwei Überzüge, dann ein Lederkissen, einen Teppich; liegt einer tagüber gar kühl und sauber drauf und wird einem das Bett bis Abend in aller Ruhe trocken, denn es schwitzt einer Tag und Nacht. Auch nimm etliche große Heftnadeln, das Leinlaken und das Kolter damit festzustecken. Denn der Schiffspatron gibt dir nicht mehr Raum als drei Spannen weit und acht Schuh lang. Und wenn sich dann einer nachts umdreht, so kann nichts auf ihm liegen bleiben, es sei denn vorsorglich auf ihm festgesteckt. [...]

Item wenn deine Stanzie [Liegeplatz] wär mitten im Schiff, wär es am besten. Denn an den Enden wiegt das Schiff gar viel mehr. Doch lieg nicht gerade unterm Loch, deren sind meistens fünfe, nennt man Porten. Denn welcher grad darunter liegt, der hat keine Ruh von den Pilgrim, so Tag und Nacht hinauf an den Leitern steigen, und ihre Notdurft verrichten. [...]

Sieh zu, daß du eine große Truhe hast. Die Länge sei danach angetan, daß man darauf gut kann liegen, wegen der Läuse und Flöhe, deren über die Maße viele werden. Denn da liegen die Pilgrim ganz dicht einer am andern und behalten die Mehrzahl ihrer Kleider an. Welcher aber liegt auf seiner Truhe, der liegt sauberer und hat nicht so sehr davon zu leiden. Es bewahre auch einer sein Hab und Gut darin. Item kauf einen guten Wein zu Venedig, den du gern trinkst, denn du keinen andern findest außer Malfasier, auf keiner Insel denn zu Sara und Ragusa: da findet man guten Wein zu kaufen. [...]

Item kauf zu Venedig Schweineschinken und geräucherte Zungen und gedörrten Hecht und Salz. Der Patron gibt zumal übel zu essen. Nur des Tags zweimal. Aber du kannst an seiner Kost nicht satt werden, keinesfalls. Sein Essen ist, so er Fleisch gibt, Schaffleisch. Das schlachtet man nicht, es sei denn rotzig oder halb vor Hunger gestorben. Das wird so widerwärtig, wer es nur sieht, der kann davon nicht essen. Sein Brot ist alter, abgelegter Biscot, voller Maden, Spinnen und roter Würmer. Am Freitag und Samstag gibt er Fisch: heißt Schginael [Meerstint], mit Öl und Mehl und ein Erbsengericht. Sein Wein ist badewarm und schmeckt gar seltsam. Er gibt auch zwischen den Mahlzeiten weder zu essen noch zu trinken. [...]

Item weiter kauf zwei leinene Hosen und dazu Stiefel bis an das Knie von ungeschmiertem Leder, das ist schön kühl. Auch versieh dich mit guten Schuhen. Denn manchmal legt man an in den Häfen, so geht man bitten, welche an Land gehen wollen, und geht man manchmal auf einen Berg, die Lande zu besehen, geschieht gar oft beim Gegenwindfahren.

Es ist unten im Schiff voller Fliegen, Würmer und Käfer, Maden, Mäuse und Ratten. Kommt alles von verfaultem Fisch und Fleisch und Mehl und überhaupt von allen eßbaren Dingen. Es werden auch leicht die Pilgrim krank, besonders an der Dissenteria. Die haben dann keine Pflege und lassen ihre Notdurft in den Sand gehen, wo sie liegen. Auch wenn Fortun [Sturm] ist und das Schiff stark stößt, so erbricht sich die Mehrheit. Gegen diesen Gestank ist recht nützlich Essig in die Nase gestrichen.

Aus Voigtländers Quellenschriften, Leipzig 1912.