Plebiszit für Georges Marchais

Paris (taz) — Und sie bewegt sich doch nicht. Frankreichs Kommunisten bleiben auf Kurs, auch wenn die Welt um sie herum aus dem Ruder gerät. Auf dem heute zu Ende gehenden 27. Parteikongreß der PCF in Saint Ouen hat sich die breschnewistische Linie um Parteichef Georges Marchais durchgesetzt: Fortsetzung des demokratischen Zentralismus in der Partei, Absage an Sozialdemokratie und Anti-Imperialismus. Die Entwicklung im Osten beurteilte Marchais als „schwere Niederlage“ und gab eine „unzureichende Analyse“ seiner Partei gegenüber „Bürokratie, den Privilegien einer parasitären Schicht, dem Dünkel des Führenden, der Zensur und Mißachtung von Freiheiten“ zu. Diese Verirrungen seien kein Grund, am Kommunismus zu zweifeln: „Die Kommunistische Partei Frankreichs ist kommunistischer als je zuvor!“, erklärte Marchais unter großem Beifall.

In eisigem Schweigen mußte der Ex-Minister und Wortführer der Erneuerer, Charles Fitermann, seine Rede halten, ein Plädoyer für einen ethischen Kommunismus und ein Anknüpfen an den eurokommunistischen Wendeversuch des PCF von 1976: „Wir stehen immer noch vor der Aufgabe, uns von jener messianischen Vision loszumachen, in der wir uns als Träger einer absoluten Wissenschaft von der Geschichte sahen.“

Das aber wollten die Delegierten nicht hören, und so klatschten sie lieber, wenn von „den Kämpfen vor Ort“ berichtet wurde, oder ließen sich zu enthusiastischen „Kuba, Kuba!“-Rufen hinreißen, als jemand vorschlug, einen Solidaritätsöltanker zu Castros Insel fahren zu lassen. Weil der 70jährige Parteichef Georges Marchais persönlich die Verantwortung für den Entwurf der Schlußresolution übernommen hatte, wurde die Abstimmung über den Text zum Plebiszit des Generalsekretärs: Mit einer Gegenstimme und sechzehn Enthaltungen (darunter die Gruppe um Fitermann) wurde der Text angenommen.

Gregor Gysi erinnerte in seiner Grußbotschaft an die gemeinsamen Ideale von PCF und PDS und rief auf, „weiter eng im Geist der Kameradschaft zusammenzuarbeiten“. smo