BONNAPART
: Auf Wiedersehen -in der nächsten Runde

■ Wehmütiger Abschied des Bonner taz-Bürosvon der ehemaligen grünen Bundestagsfraktion

Liebe ehemalige

grüne Bundestagsfraktion!

„Zum letzten Mal“ — wie oft in den vergangenen Wochen und Tagen sind diese Worte bei Dir wohl gefallen? Dauernd, vermutlich. Immer wieder haben aber auch wir Bonner tazlerInnen sie verwandt. Zum letzten Mal die Grünen anrufen und sie um das aktuellste Material zur Entschädigung ehemaliger ZwangsarbeiterInnen bitten. Zum letzten Mal einen Grünen treffen, der geduldig die jüngste Entwicklung deutscher Müllpolitik erklärt...

Zum letzten Mal diesen allsamstäglichen Kasten mit Dir füllen — ohne Häme diesmal und fast ohne Spott. Danach ist uns nämlich kaum noch zumute, wenn es seit dem Abend des 2. Dezember um die Grünen geht. Was Bonn mit Deinem Abgang verliert, bricht natürlich auch uns weg: ein kleines Stück anderer politischer Kultur, als sie auf der Bühne Regierungsviertel sonst geboten wird. Sicher: Manches sind wir Bonner tazlerInnen nun los, das keine(r) von uns vermissen wird. Im Gegenteil. Einigen der Deinen über Jahre wiederholt erklären zu müssen, daß sie Politik sind und wir Presse, daß es drum nicht unsere Pflicht ist, zu verlautbaren, sondern kritisch zu beobachten und zu berichten, war anstrengend bis schier unerträglich.

„Schreib doch endlich mal was darüber“, „ich hab Dir doch gesagt, daß man das so nicht sehen kann“, „Dich hat wohl Jutta/Joschka/Antje instruiert...“ Gegenüber keinen anderen JournalistInnen als uns hätten sich manche Deiner Abgeordneten und MitarbeiterInnen solcherlei angemaßt. Schon gar nicht wäre es ihnen eingefallen, die Bonner Redaktionen der von ihnen so genannten bürgerlichen Zeitung in Sippenhaft für deren Mutterhäuser zu nehmen: „Warum sollte ich Dir jetzt Infos zu W geben, wo X von Deiner Berliner Zentrale meine Stellungnahme zu Y nicht interessiert und über Z gestern einen solchen Scheiß geschrieben hat?“ Daß die taz in Inhalten und Formen grüner Politik nähersteht als andere Medienorgane dieser Republik, hat einige der Deinen immer völlig vergessen lassen, daß sie und wir auch und gerade hier in Bonn nicht auf der gleichen Seite stehen.

Nun, lästige Anrufe aus dem Hochhaus Tulpenfeld wird es nur noch selten geben — und längst nicht mehr so oft wie bisher werden wir im Hochhaus Tulpenfeld anrufen. Das hast Du am vergangenen Donnerstag verlassen. Und damit fehlen hier jene, die ein guter Teil der Bonner Öffentlichkeit in den letzten Jahren um nicht wenig angehen konnte: Informationen aus dem parlamentarischen Closed shop; Anregungen für neue, brennende Themen; Nachhilfeunterricht in Spezialfragen bundesdeutscher Politik...

Klar, Du hast mit der Fraktion Grüne/Bündnis 90 eine Nachfolgerin. Aber sie ist eben viel jünger, viel kleiner und bringt aus einer uns noch fremden Geschichte uns noch fremde Themen eines uns noch fremden Staates in Bonn ein.

Klar, jene Hilfswilligen und Hilfsfähigen in den Fraktionen der anderen Parteien bleiben uns erhalten.

Ganz ersetzen werden sie Dich nicht.

Auf Wiedersehen. Ferdos Forudastan