Die Ritter der Affenloge

■ Die »Große und freie Affenkammer« als Zentrum russischer Freigeister

Das berühmteste russische Institut in den zwanziger Jahren war Alexej Remisows »Große und freie Affenkammer«. 1908 in Rußland begründet und in Remisows Wohnung, erst in der Charlottenburger Kirchstraße 2 und später in der Lessingstraße 16 im Wedding weitergeführt, wurde es zu einem Zentrum russischer Freigeister.

Über hundert Schriftsteller, Philosophen, Maler und Musiker waren eingeschriebene Mitglieder des »Affenordens«. Jedes Mitglied erhielt eine Berufungsurkunde und einen besonderen Namen. Maxim Gorki zum Beispiel war »Stellvertreter des Ältesten in Deutschland und Affenritter mit dem Globus«.

Das 1922 verkündete Affenmanifest enthielt nur einen einzigen Satz: »...Daß hier in den Wäldern und Wüsten kein Platz sei für die niederträchtige Heuchelei, daß Maß und Gewicht echt seien und man sie nicht fälschen könne und Lüge Lüge bleibe und Heuchelei Heuchelei, worein immer sie sich hüllen mögen«.

Auch Viktor Schklowski war Mitglied des Affenordens. Er legte sich den Titel »kurzschwänziger Jungaffe« selbst zu und beschrieb die Sitten und Gebräuche in Zoo — oder Briefe nicht über die Liebe.

Das Anliegen der Affen sei es, neue Dinge zu erschaffen, schrieb er, herkömmliche Lebensformen seien untauglich, wenn es gälte, den »Subjektivismus als Material« durchzusetzen.

Der menschliche Alltag sei abschreckend und stumpfsinnig, Affen hingegen seien frei, ihr Alltag eine Anekdote.

»Das Affenheer nächtigt nicht, wo es zu Mittag gegessen hat, es trinkt seinen Morgentee nicht dort, wo es geschlafen hat. Es lebt ständig ohne Quartier.« Mit der Affentheorie ließ sich das Leben in den wechselnden Berliner Quartieren zur Kunst erhöhen — Schklowski selbst war in seinen vier Berliner Jahren mindestens fünfzehnmal umgezogen.

Das Credo der Affenloge: »Uns ist der Turmbau zu Babel verständlicher als das Parlament.« aku