Kündigungsversuche

■ Kleine Mietblütenlese aus den neuen Bundesländern

„Was sich so manche Vermieter im Osten leisten, darüber kann man nur staunen“, sagt Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Seit dem 1. September dieses Jahres dürfen Hausbesitzer in der ehemaligen DDR ihre Wohnungen wieder selbst verwalten. Das steigt so manchem zu Kopf — und der schlägt dann über die Stränge.

„Durch die politischen Veränderungen und die Währungsunion kündige ich Ihnen Ihren Mietvertrag von 1971“, schrieb einer dieser Privatvermieter, der sein Haus wieder übernommen hat. Ein beliebter Kündigungsgrund ist auch ein geplanter Verkauf des Hauses— in der Bundesrepublik möglich, in der DDR noch für drei Jahre ausgeschlossen. Auch eine Kündigung wegen des Wechsels der Hausverwaltung ist zwar häufig, aber illegal.

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs, wie es beispielsweise der frischgebackene Vermieter eines Hauses in Rahnsdorf versuchte, ist in den fünf neuen Ländern ebenfalls — noch — nicht möglich. Er werde, teilte er seinen Altmietern mit, künftig die Verwaltung seines Hauses selber übernehmen. „Ab 1.1.1991 muß ich Ihre Miete monatlich bis auf weiteres auf 220DM festsetzen.“ „Alles völlig illegal“, meint Reiner Wild. Die Mieten in der ehemaligen DDR seien nach wie vor preisgebunden.

Noch etwas dreister war ein anderer Privatvermieter, der für eine neu gekaufte Wohnung die Miete „wie folgt berechnet: 92 Quadratmeter mal 6,- DM = 552,- DM“. Sonderabgaben würden noch gesondert zugehen. „Überhöhte Mieten sind bei privaten Vermietern in der ehemaligen DDR nicht selten“, sagt Wild. Das sehe man schon an den Kleinanzeigen in der taz, fügt er hinzu.

Eine Vermieterin ließ ihren Mietern im Norden Berlins etwa mitteilen, sie wolle gar keine Miete, sondern die Mieter sollten einfach alle Kosten tragen, bis sie das Haus verkauft habe. Bis dahin seien die Mieter im übrigen für die Instandhaltung des Hauses verantwortlich.

Mieterhöhungen sind inzwischen zwar nach einer Modernisierung zulässig, aber nur elf Prozent der Baukosten pro Jahr, und nicht ein willkürlicher Schätzwert. Und Kredite auf die Miete umzulegen, wie es ein Westberliner Vermieter für sein Osthaus per Elfprozentregel versuchte, das geht überhaupt nicht.

Auf die Nerven fallen den Bewohnern der ehemaligen DDR auch private Vermieter, die das Haus wieder in dem baulichen Zustand zurückhaben wollen, wie sie es etwa 1961 verlassen haben, natürlich auf Kosten der jeweiligen Mieter. Illegal ist ebenfalls, was eine Vermieterin aus Castrop-Rauxel versuchte: Sie kündigte ihren DDR-Mietern zum nächsten Monat mit der Begründung, sie wolle eine Zahnarztpraxis einrichten. Den Vogel schoß jedoch ein westdeutscher Hausbesitzer ab, der seinen Mietern im thüringischen Zeulenroda vorsorglich Hausverbot erteilte. Eva Schweitzer