Matsushita kauft MCA: E.T. muß nach Osaka

Hollywood wird durch japanische Übernahme weiter „entamerikanisiert“  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Und wieder ist ein Stück der amerikanischen Traumfabrik ins Ausland verscherbelt worden. Nachdem Japans Sony Corporation im letzten Jahr für die Columbia Pictures mitsamt ihrer Filmbibliothek 3,4 Milliarden Dollar hingeblättert hatte, wollte auch der doppelt so große Rivale Matsushita beim Erwerb von Amerikas erfolgreichstem Produkt, den laufenden Bildern, nicht länger zurückstehen. Für insgesamt 6,59 Milliarden Dollar hat der japanische Mammutkonzern (geschätzter Umsatz für 1990: 51 Milliarden Dollar) zum Jahresbeginn 97 Prozent der Aktien der Unterhaltungsgruppe MCA übernommen.

Demnächst also bleiben E.T., Der Weiße Hai, aber auch Popsänger Elton John unter dem gleichen Firmendach, wenn sie über die Geräte von Panasonic, National, Quasar und Technics abgespielt werden. Nach dieser größten japanischen Übernahme eines US-Konzerns befinden sich vier der noch sieben Hollywood- Filmstudios in fremden Händen.

Während Sony mit dem Kauf von Columbia Pictures konkrete Ziele wie die Förderung der 8-mm-Technologie bei den Videobändern verfolgt, scheint der etwas schwerfällige Konkurrent Matsushita noch kein genaues Skript für die Zukunft MCAs vorliegen zu haben. Der Konzern in Osaka verfolgt wohl die Strategie, der er den bisherigen Erfolg verdankt: die Kunst der perfektionierten Nachahmung. Die Stärke des japanischen Elektronikriesen Matsushitas lag bisher trotz jährlicher Forschungsausgaben von 2,7 Milliarden Dollar weniger in der Innovation (wie bei Sony), sondern in geschicktem Marketing, Vertrieb und Verkauf seiner durchweg billigeren Elektronik. MCA hatte sich unter dem Vorsitzenden Lew Wassermann dem japanischen Werber willig ergeben, weil dem US-Unterhaltungskonzern in der heraufziehenden Rezession das nötige Kapital gefehlt hätte, um seine Vergnügungsparks, das Musikgeschäft und die Filmabteilung weiter auszubauen.

Da Ausländer nach dem US-Gesetz keine Fernsehstationen besitzen dürfen, wird der New Yorker Fernsehkanal WWORTV in einem separaten Abkommen den Aktionären zugeschlagen. Die von MCA ebenfalls gehaltenen Geschäftslizenzen im Yosemite-Nationalpark (Schätzwert 150 Millionen Dollar) wird Matsushita auf Druck von Umweltschützern, die eine Entkommerzialisierung des Parks verlangen, binnen eines Jahres verkaufen. Einem Aufschrei der Empörung in der amerikanischen Öffentlichkeit und im Kongreß hatten die Japaner geschickt vorgebeugt. Um die politische Opposition im Keim zu ersticken, hatten sie zur Durchsetzung ihres Deals Washingtons einflußreichste und teuersten Lobbyisten angeheuert.

Dennoch gab es Kritik an der freundlichen Übernahme von MCA. Ein Sprecher des World Jewish Congreß kritisierte Matsushita für „die sklavische Anerkennung des von den Arabern geführten Wirtschaftsboykotts gegenüber Israel“; eine Anschuldigung, die angesichts der Gründung von Hollywoods Filmindustrie durch jüdische Einwanderer in Kalifornien für eine emotionale Debatte sorgen dürfte.

Andere Kritiker warnen vor der Möglichkeit japanischer Einflußnahme auf die filmischen Produkte Hollywoods. Zwar hat es bei Columbia Pictures bisher noch keine Anzeichen für ein editoriales Einwirken der neuen Besitzer aus Fernost gegeben. Doch die Gefahr besteht. Einer Antwort auf die Frage, ob seine Firma denn jemals einen Film über die Rolle von Kaiser Hirohito im Zweiten Weltkrieg produzieren würde, ist Matsushitas Präsident Akio Tanii geschickt ausgewichen.