Skinhead unter Mordverdacht in Haft

Rechtsextremer erstach Bundeswehrsoldaten in der Silvesternacht/ Zweiter Täter ist noch flüchtig/ Polizei ermittelt weiter/ Weitere Überfälle offenbar ohne Zusammenhang mit dem Mord  ■ Aus Göttingen Reimar Paul

Einer der jugendlichen Rechtsextremisten, die in der Neujahrsnacht in Rosdorf bei Göttingen einen Bundeswehrsoldaten niedergestochen und tödlich verletzt hatten, wurde Dienstag abend in der Wohnung seiner Eltern festgenommen. Der 17jährige verweigerte gegenüber der Kriminalpolizei jede Aussage über sein Motiv. Ein Polizeisprecher zeigte sich jedoch zuversichtlich, daß der Verhaftete vor dem Ermittlungsrichter „plaudern“ werde. Der andere Tatverdächtige, ein ebenfalls 17jähriger junger Mann aus Northgeim, ist noch flüchtig. Die Polizei bestätigte zugleich Zeitungsmeldungen, nach denen es sich bei beiden Tätern um rechtsradikale Skinheads gehandelt hat. Die beiden Neonazis waren mit Sturmhauben vermummt, als sie sich wenige Minuten nach Mitternacht in einer der Hauptstraßen des Ortes auf ihr Opfer stürzten. Alexander S. kam von einer Fete und war auf dem Weg nach Hause, um seinen Eltern ein frohes neues Jahr zu wünschen. Die Maskierten schlugen ihn nieder, traten nach ihm und stachen mehrfach mit einem Messer zu. Einem Begleiter des Soldaten gelang es, zur Seite zu springen. Auf seine Schreie — „Hört doch auf, was wollt ihr denn?“— reagierten die Skinheads nicht.

Als sie wegrannten, klingelte der Tatzeuge an einem Hauseingang. Die Erste Hilfe der dort wohnenden Krankenschwester und der Transport in die Göttinger Uniklinik kamen zu spät: Um zwei Uhr starb Alexander S. an seinen inneren Verletzungen aufgrund der Messerstiche.

Widersprüchliche Versionen gibt es nach wie vor über die dem tödlichen Überfall vorausgegangenen Ereignisse. Während einige Augenzeugen handfeste Auseinandersetzungen zwichen Autonomen und Neonazis am Rande einer Fete beobachtet haben wollten, sprachen andere lediglich von einem „heftigen Wortwechsel“ zwischen einer Gruppe Skinheads und Passanten.

Der Mordanschlag in Rosdorf steht vermutlich in keinem direkten Tatzusammenhang mit weiteren Skinhead-Überfällen in derselben Nacht. In Adelebsen hatten Rechtsradikale zwei Spaziergänger überfallen und schwer verletzt. Wenig später wurde im Göttinger Stadtteil Weende ein dreißigjähriger Mann von einer Gruppe Neonazis mit Messern angegriffen. In beiden Fällen gibt es noch keine Festnahmen. Die Ermittlungen der Polizei laufen „auf Hochtouren“.

Für die Grünen kommen diese Aktivitäten zu spät. Sie warfen der Polizei vor, „die kriminelle Energie in diesem Spektrum unterschätzt bzw. gar nicht zur Kenntnis genommen zu haben.“ Bereits am Dienstag abend hatten rund 300 Menschen in Rosdorf gegen den Mord und den „Naziterror“ demonstriert.