Zehn Jahre Haft für Frauenhändler

Landgericht verurteilte einen Heiratshändler wegen Vergewaltigung und Steuerhinterziehung zu einer Gesamtstrafe/ Der Angeklagte habe Frauen „menschenverachtend und schamlos ausgenutzt“  ■ Aus Darmstadt Heide Platen

Mit einem spektakulären Urteil beendete die 12. Große Strafkammer des Darmstädter Landgerichts gestern vormittag den Prozeß gegen Hans-Günther Menger. Es verurteilte den wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagten Heiratshändler, der auf illegale Weise vorzugsweise junge Thailänderinnen an den deutschen Mann bringt, zu einer Gesamtstrafe von zehn Jahren Gefängnis. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß Menger zwei Thailänderinnen, eine von ihnen über eine Woche, zum Geschlechtsverkehr gezwungen hatte. Er habe dabei, so der Vorsitzende Richter Wilfried Jäger in der Urteilsbegründung, „mit ungeheurer Menschenverachtung ein armes, hilfloses Wesen schamlos ausgenutzt“. Das Gericht verhängte im Fall der Thailänderin S., die eine Woche lang hilf- und ratlos in einer der Wohnungen des Mannes zugebracht hatte, eine Haftstrafe von sechseinhalb, im zweiten Fall von dreieinhalb Jahren. Dies ergebe, zusammen mit einer dreieinhalbjährigen Strafe wegen Steuerhinterziehung, die Menger derzeit verbüßt, zwar „rein rechnerisch mehr“. Die geringere Gesamtstrafe von zehn Jahren sei mit Rücksicht auf das Alter des inzwischen 55jährigen verhängt worden.

Das Gericht stützte sich in seinem Urteil vorwiegend auf zwei ethnologische Gutachten, die sich mit Widersprüchen in den Aussagen von Zeuginnen und Nebenklägerinnen aus Thailand befassen. Es kritisierte dabei, daß die Verteidigung die Herkunft der Frauen nicht berücksichtigt habe, an deren Verhalten, „mit europäischen Augen gesehen“, durchaus „einiges merkwürdig“ gewesen sei. Die Frauen hätten lange über die Vergewaltigungen geschwiegen, weil sie Angst vor einer Rückkehr nach Thailand gehabt hätten, wo ein solches Schicksal „sowohl extreme Demütigung als auch soziale Deklassierung“ für sie bedeute.

Der Vorsitzende bewertete auch die Aussagen von Frau S. als ausgesprochen glaubwürdig. Die Frau hatte, teils unter Ausschluß der Öffentlichkeit, geschildert, wie Menger sie mißhandelt hatte. Das Gericht wisse „nach der Vernehmung von Tausenden von Zeugen“ aus Erfahrung sehr wohl, wann gelogen werde. Die Frau habe das Geschehen glaubwürdig und detailliert beschrieben. Jäger: „Eine solch glänzende Schauspielerin ist diese einfache Frau aus dem ländlichen Bereich Thailands ganz gewiß nicht.“ Zu denken habe dagegen das Verhalten des Angeklagten vor Gericht gegeben, der sich, noch heute gänzlich ohne Unrechtsbewußtsein, an den Frauen „bedient“ habe. Die 12.Strafkammer verwahrte sich noch einmal gegen Vorwürfe der Verteidigung, sie habe sich das Urteil leicht gemacht. Er habe sich auch nicht vor „Repressalien von Frauengruppen“ gefürchtet, stellte Jäger fest, sondern „sehr um die Wahrheit gerungen“. Die Verteidigung kündigte Revision gegen das Urteil an.