„Ich kämpfe jetzt von hier aus“

■ Felicia Langer, jüdisch-israelische Anwältin, hat ihr Büro in Tel Aviv geschlossen und hält Vorlesungen in Bremen

Paßfoto Frau

Felicia Langer

Felicia Langers Entschluß wirkt wie Resignation: Die jüdische Menschenrechtsanwältin hat ihr Büro in Tel Aviv geschlossen. Nach 23 Jahren hat sie es aufgegeben, PalästinenserInnen vor israelischen Militärgerichten zu verteidigen und ist nach Tübingen, in die Stadt ihres Sohn, gezogen. In regelmäßigen Abständen fährt sie nach Bremen, um Gastvorlesungen am Fachbereich Rechtswissenschaft zu halten.

Felicia Langer, die große Kämpferin, hat sie tatsächlich resigniert? Nein. Diesen Eindruck weist die 60jährige in ihrem Bremer Hotel entschieden von sich: „Die Entfernung ist nur eine geographische. Ich kämpfe jetzt von hier aus und mit anderen Mitteln: Mein Büro habe ich geschlossen, weil ich meinen Mandanten nicht mehr helfen konnte. Die Arbeit in den letzten Jahren war zwecklos. Das waren ganz schreckliche Jahre. Jetzt fühle ich mich wieder nützlich. Ich versuche, Millionen zu überzeugen. Man muß sehr schnell Druck auf die israelische Regierung ausüben. Der jüdische Extremismus und die Racheakte der Palästinenser nehmen zu. Und die Maßnahmen der israelischen Armee sind barbarisch.“

Am 9. Dezember hat die Menschenrechtsanwältin in Stockholm den „Alternativen Nobelpreis“ überreicht bekommen. „Der Preis hat so viele Türen geöffnet“, erzählt sie mit Begeisterung. Seither erhalte sie eine Talk-Show-Einladung nach der nächsten. WDR, 3-Sat, Zeitungsinterviews ... Sie ist in ihrem Element. „Ich glaube, ich kann hier sogar noch effektiver sein, als ich gedacht habe.“

Felicia Langer ist in Polen geboren. 1939 floh sie mit ihren Eltern vor der deutschen Invasion in die Sowjetunion. Mit ihrem Mann, „der es irgendwie geschafft hatte, aus fünf Konzentrationslagern lebend herauszukommen“, wanderte sie 1950 nach Israel aus.

Warum hat sie Deutschland als Gastland gewählt? „Ich habe schon Jahre lang gute Kontakte“, sagt sie — in deutsch. In nur fünf Monaten hat sie sich die Sprache angeeignet. Felicia Langer: „Die Menschen hier sind sehr bereit zu hören. Ich habe soviele schöne und menschliche Briefe bekommen: Als Jüdin, als israelische Patriotin und als Anwältin, die Palästineneser verteidigt hat.“

Bei ihrem Aufenthalt in Stockholm hat sie festgestellt, wie anders der Nahost-Konflikt in Schweden und in der Bundesrepublik beurteilt wird: „Die israelischen Behörden haben die Schuldgefühle der Deutschen mißbraucht. In Schweden spürt man, es ist auch die Meinung der Regierung, daß es nur Frieden im nahen Osten geben kann, wenn die Palästinenser einen eigenen Staat haben.“

Wie denkt sie als Israelin über die Kriegsgefahr am Golf und die irakische Bedrohung? „Ich bin gegen die chemischen und atomaren Waffen von Saddam Hussein. Aber auch gegen die Atombombe Israels. Auf beiden Seiten muß abgerüstet werden.“

Barbara Debus

Die nächste Vorlesung von Felicia Langer („Policy of deportations in the Israeli occupied territories and its political objectives“) findet statt am 14. Januar, von 17-20 Uhr in der Bremer Universität im Gebäude GW II, Raum B 1400. Vortrag auf Englisch, Debatte auf Deutsch.