„Das ewige Brot macht uns krank“

■ Asylbewerber klagen über europäische Gemeinschafts-Kost / Selbstversorgung gefordert

„Brod, Brod, Brod — this food is bad for Africans!“ Der Schwarze rollt mit seinem afrikanischen Akzent das „D“ noch weicher als sonst. Unverkennbar schiebt er seinen Ekel mit durch die Lippen. Gestern morgen debattierten die Asylbewerber aus Schwarzafrika, die seit rund einem Monat im Bunker Friedrich-Karl-Straße untergebracht sind, ihre Versorgungslage. Etliche der 53 offiziellen Bewohner hatten sich allerdings entschuldigt, weil sie zum Arzt mußten: Ihr Körper rebelliert heftig gegen das ungewohnte europäische Essen. Viele sind krank, magern ab. Durchfall, Verstopfung, Übelkeit bis zum Erbrechen gehören im Bunker zunehmend zum Alltag. Und der hat außer dem Warten auf die Mahlzeiten nichts zu bieten.

Im ebenfalls ausschließlich von Afrikanern belegten Bunker in der Zwingli-Straße hatten einige der dort 60 Bewohner am Freitag vor Weihnachten das Essen auch schon ganz verweigert — doch als nach zwei Tagen sich immer noch niemand um ihren Protest gekümmert hatte (selbst die zuständige Sozialarbeiterin erfuhr an den Feiertagen nichts von der Aktion) gaben sie mit Hunger im Bauch den Streik wieder auf. „Friß oder stirb“ beschreibt ein Senegalese lakonisch die Erkenntnis nach zwei Tagen Hungerstreik.

Widerwillig zwängen sich die Afrikaner seitdem weiter Weißbrot und Käse rein — Nahrungsmittel, die ihnen bis dahin unbekannt waren. Einige würgen, selbst wenn sie nur davon sprechen. Sie wollen sich selbst versorgen, gemeinsam kochen: vor allem Reis, Kartoffeln, Fufu (ein Kartoffel-Griesgericht), Hühner- und Rindfleisch. Scharf gewürzt, und nach Möglichkeit dreimal täglich — denn kalte Mahlzeiten kennen sie nicht.

Unabhängig von ihrem Herkunftsland sind sich die Männer aus Senegal, Ghana, Gambia und Nigeria über ihre Forderung nach selbständiger Essensversorgung einig. Das sei auch billiger für die Regierung in Bremen, betonen sie. Denn daß die Marmeladendöschen und meistens ganze Mittagessen, aus denen höchstens Kartoffeln herausgepickt sind, mitsamt der Aluminiumverpackung in den Mülleimer wandern — das nennen sie kopfschüttelnd und fassungslos „waste“: Verschwendung.

Der Arbeitskreis Asyl (vom Informationszentrum Afrika), dem seit Tagen dieses Hauptproblem immer wieder berichtet wird, half den Bunkerbewohnern gestern, einen offenen Brief mit ihren Forderungen und Wünschen an Senat und die betreuende Arbeiterwohlfahrt zu schreiben. Ihre Hoffnung auf die versprochene Umverteilung haben die Asylbewerber aufgegeben: Sämtliche Hotels, Häuser und Pensionen, in denen sie sich hätten selbst versorgen können, sind belegt. Ihre Zukunft liegt mittelfristig auf dem Schiff, das erfuhren sie von der Sozialbehörde schon vor Weihnachten. Und auch dort werden sie mit deutschem Gemeinschaftsessen verpflegt werden, wie die Behörde gestern bestätigte.

Wenn die TÜV-Abnahme der „Sankt Hallvarth“ in den nächsten Tagen erfolgt ist, können dann die 60 Kabinen auf dem schwedischen Binnenschiff im Allerhafen für 40 Mark pro Person und Tag bezogen werden: Mit bis zu 200 Männern, von elf MitarbeiterInnen der AWO betreut.

In den Bunkern wurden bereits Fotos von den mit Etagenbett-und Naßzellen bestückten Kajüten gezeigt. Aufenthaltsraum und Lichtverhältnisse begeistern die Flüchtlinge. Allerdings haben die Afrikaner Angst vor dem Leben auf dem Wasser: Die wenigsten können schwimmen. Sie fordern deshalb vor ihrem Umzug die Zusicherung von Sicherheitsmaßnahmen: Schwimmwesten, Katastrophenschutzpläne, Feuerlöscher und eine technische Überprüfung des Schiffs. ra