Bielka mahnt Ursachenforschung an

■ Der Repräsentant des rechten SPD-Flügels, Frank Bielka, fordert eine genauere Diskussion über die Gründe des Wahldebakels/ Nach seiner Ansicht hat rot-grün politische »Gewichte falsch gesetzt«

Berlin. Einen »innerparteilichen Dialog« über die Ursachen der Wahlniederlage der SPD am 2. Dezember hat der Neuköllner Bürgermeister Frank Bielka in einem Gespräch mit der taz gefordert. Ein derartiger Dialog habe »überhaupt noch nicht stattgefunden«, bemängelte der Politiker, der als Wortführer des rechten SPD-Flügels gilt. »Vielleicht nicht das Schlechteste«, um die Wahlanalyse zu organisieren, wäre eine Kommission, wie sie die CDU nach ihrer Niederlage 1989 eingesetzt hatte, regte der Bürgermeister an. Daneben seien aber weitere Formen der Diskussion nötig.

Er wolle die Inhalte des abgewählten rot-grünen Senats »nicht grundsätzlich für schlecht erklären« und verlange kein »Zurück in die 70er Jahre«, versicherte Bielka. Der SPD/ AL-Senat habe allerdings die »Gewichte in der öffentlichen Darstellung falsch gesetzt«. An der Gefühlslage der Berliner vorbei habe die Stadtregierung einen Schwerpunkt bei der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität gesetzt, obwohl die Mehrheit der Menschen »vor ganz anderen Kriminalitätsarten« Angst habe, meinte der Neuköllner Bezirkspolitiker. Richtige Prinzipien, wie der Vorrang für den öffentlichen Nahverkehr, hätten unter rot-grün zu dem »Dogma« geführt, daß auf keinen Fall Autobahnen gebaut werden dürften. In der Ausländerpolitik habe man versäumt, »die Deutschen mit aufs Boot zu nehmen«. Ihnen sei stattdessen vom Senat der Eindruck vermittelt worden, »daß sie Rassisten sind«. Dafür hätten die Wählerinnen und Wähler der SPD die Quittung erteilt.

Bielka übte auch Kritik an den laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD. Er habe den Eindruck, daß beide Parteien »relativ wenig darüber nachdenken«, welche Rolle Berlin angesichts knapperer Finanzen in Zukunft spielen könne. Eine »Subventionsmentalität« könne sich die Stadt nicht mehr leisten, warnte der Bürgermeister. Es gehe jetzt um die Frage, wie Berlin »sich seine Brötchen selbst verdienen kann«. Deshalb dürfe man auch nicht ausschließen, beispielsweise ökologische Bedenken zugunsten von Wirtschaftsansiedlungen zurückzustellen. »So dekorative Auseinandersetzungen« wie um die Daimler-Benz-Ansiedlung am Potsdamer Platz könne man sich kaum noch leisten.

Der Neuköllner SPD-Politiker sprach sich gleichzeitig gegen eine Rückkehr von Walter Momper in den CDU/SPD-Senat aus. Er fände es eine »kluge Vorgehensweise von Momper, in der gegenwärtigen Phase auf einen Sitz im Senat zu verzichten«, sagte Bielka. Die »sehr verbissene Aufgeregtheit« in der SPD- internen Debatte um die Besetzung des Bürgermeisterpostens im Senat sei der Bedeutung dieses Amtes aber nicht angemessen, sagte der Sozialdemokrat. hmt