Senat regiert beim 1. Mai

■ Senat zahlt für Kulturarbeit des DGB und will dafür Männer

T'schuldigung. Ich hab' da mal 'ne Frage: Wer organisiert im roten Bremen eigentlich den 1. Mai? „Keine Frage“, werden jetzt all die redlichen LeserInnen sagen, die Jahr für Jahr bei der DGB-Demonstration mitmarschieren und auf dem Domshof unterm Regenschirm ausharren, bis auch der letzte DGB-Kundgebungsredner die 35-Stunden-Woche abgefeiert hat. Aber falsch geraten. Für die Antwort: „Der DGB organisiert den 1. Mai“, gibt es keine hundert Punkte. Auch nicht für die informierterte Version: „Die KulturreferentIn des Bremer DGB organisiert den 1. Mai“. Denn der DGB hatte zwar bis zum 1. April 1990 einen Kulturreferenten und ist auch gerade dabei, einen Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin einzustellen, doch kann der DGB gar keine Kulturreferentin bezahlen. Sein Kulturreferent und 1.Mai-Organisator Thomas Frey war deshalb beschäftigt bei „Arbeit und Leben“, einem Gemeinschaftsunternehmen von DGB und Volkshochschule. Die richtige Antwort muß daher lauten: „Den 1. Mai in Bremen organisierte bis zum 1.4.90 ein Kulturreferent, der zwar seinen Schreibtisch im DGB-Haus hatte, aber aus Steuergeldern von der Bildungsbehörde bezahlt wurde.“ Von daher nimmt es auch kein Wunder, daß Behördenvertreter mitbestimmen wollen, wenn jetzt im DGB-Haus eine NachfolgerIn eingestellt werden soll.

Die Stelle ist seit dem ersten April vakant. Über 140 Bewerbungen trudelten auf die Stellenanzeige ein. Zwei qualifizierte gewerkschaftliche KulturarbeiterInnen kamen im heiklen Zeitalter der Gleichberechtigung in die Endauswahl: Eine weiblichen, eine männlichen Geschlechts. Die Bremer DGB-Frauen, der Betriebsrat von „Arbeit und Leben“ und schließlich auch alle vier DGB- VertreterInnen im Vorstand von „Arbeit und Leben“ machten sich stark für die Frau. Sie heißt Gabriele Grete Kellerhoff und sorgt seit Jahren für „frischen Wind“ auf Bremer Frauentags-, 1. Mai-und sonstigen gewerkschaftlichen Manifestationen. Selbst DGB-Chef Siegfried Schmidt erwärmte sich etwas für die Bewerberin — trotz ihrer frauenkulturellen Vorlieben. Doch will das heutzutage nicht viel heißen: Denn auf dem Geld für den 1. Mai sitzen die Behördenvertreter. Und wenn die sich im Vorstand von „Arbeit und Leben“ bei der Einstellungsfrage durchsetzen und Kollegin Kellerhoff durchfallen lassen, müssen sich sogar noch zwei DGB-Vorstandsmitglieder bequemen, mit der Behörde zu stimmen. Sonst gibt's überhaupt keine hauptamtliche DGB-1.Mai-VorbereiterIn.

Am Montag, den 7. Januar ist Sitzung. Danach werden wir wissen, wer über den 1. Mai bestimmt und wie es um die Frauenfrage 1991 bestellt ist. Noch Fragen? Rosi Roland